Warum ich Kahuna spiele, obwohl ich fast immer verliere
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Warum ich Kahuna spiele, obwohl ich fast immer verliere

Vor ein paar Wochen habe ich mir das tolle Strategiespiel Kahuna gekauft. Es hat mich nicht nur gelehrt, dass eine gute Taktik entscheidend ist, sondern auch, dass ich wahnsinnig schlecht verlieren kann.

Meine Füsse stecken im Sand. Leichte Wogen verleihen dem ansonsten ruhigen Meer etwas Schwung. Direkt hinter mir beginnt dichter Urwald. Die Sonne strahlt unbarmherzig von oben, nur selten wird sie von einer Cumulus-Wolke verhüllt. Eine weisse Brücke verbindet meine Insel Coco mit deren noch unbewohnten Nachbarin Gola. Nicht nur ich hätte sie gerne in meinem Besitz, auch mein Erzfeind hat schon eine Brücke an die andere Uferseite gebaut. Bald wird sich entscheiden, wer die bessere Eroberungsstrategie hat.

Die Regeln sind simpel

In diese heile Welt, durchzogen von Rachegelüsten, entführt mich Kahuna, ein Brettspiel für zwei mindestens Zehnjährige. Anhand von Inselkarten, von denen du maximal fünf in der Hand halten darfst, baust du Brücken – oder reisst die des Gegners ein. Ein Teil der Karten liegt dabei offen auf, ein anderer Teil zugedeckt im Stapel. Du entscheidest, von wo du ziehst und demnach auch, ob dein Gegner die Karte sieht oder nicht. Ziehen musst du aber und zwar immer nur eine. Hast du bereits fünf Karten in der Hand, musst du entweder eine oder mehrere spielen oder eine verdeckt zuunterst in den Stapel legen.

Spielst du beide Karten der jeweiligen verbundenen Inseln, so wird die bestehende Brücke zerstört.
Spielst du beide Karten der jeweiligen verbundenen Inseln, so wird die bestehende Brücke zerstört.

Auch das Ziel ist simpel: Bringe mehr Inseln in deinen Besitz als dein:e Widersacher:in. Eine Insel besitzt du, sobald du mehr als die Hälfte der Verbindungen mit deinen Brücken besetzt hast. Jedes Mal, wenn’s keine Karten mehr hat, werden die Besitztümer gezählt. Beim ersten Zwischenstand kannst du einen Punkt machen, beim zweiten zwei und beim dritten so viele, wie du mehr Inseln besitzt. Dabei ist es Glückssache, ob die für dich richtigen Karten aufliegen, alles andere ist Taktik.

Die Taktik macht Probleme

Und genau deshalb verliere ich relativ oft. Auch in meine heile Welt – lauer Frühlingsabend, Zweisamkeit – gesellt sich schnell Rachsucht. Kahuna zeigt mir nicht nur, dass ich etwas strategisches Gehirntraining absolvieren sollte. Es zeigt mir auch, dass ich eine unglaublich schlechte Verliererin bin. Zumindest gegen meinen Freund.

Der spielt relativ gut Schach und besitzt etwa zehn Bücher des Grossmeisters Garri Kasparov. Er kann problemlos ein paar Schritte vorausdenken, ich dagegen werde öfter von Impulsen übermannt. Wie schon zu Schulzeiten führt das zu Flüchtigkeitsfehlern. Im Matheunterricht gingen auf einmal Vorzeichen vergessen, bei Kahuna übersehe ich eine Brückenverbindung oder welche Karte mein Gegner nun aufgenommen hat. Letzteres wäre entscheidend, um die Taktik des Gegners zu antizipieren.

Sei nicht wie ich. Achte darauf, welche Karten dein Gegenüber aufnimmt.
Sei nicht wie ich. Achte darauf, welche Karten dein Gegenüber aufnimmt.

Zu dieser Diskrepanz in unserem Handeln, die mich per se schon verunsichert, kommen noch unnötige Sprüche wie: «Caro, ich hatte heute keinen guten Tag. Können wir Kahuna spielen, damit ich doch noch ein Erfolgserlebnis habe?»

Das Kind ist wütend

Gerne würde ich jetzt sagen, dass mich solche Provokationen kalt lassen. Aber nein, sie tun genau das, was sie sollen. Sie füttern meine Minderwertigkeitskomplexe, mein Kopf fällt sofort in den Modus: «Dein Tag ist erst recht versaut, wenn ich all deine Inseln übernehme!» Selbstredend verliere ich mit dieser Denkweise erst recht. Und dann falle ich in eine raumeinnehmende kindliche Wut, für die ich mich retrospektiv sehr schäme. Im Moment aber bin ich zu sehr damit beschäftigt, die Brücken und Spielsteine mit einer Handbewegung wegzuwischen und den Gewinner zu beleidigen.

Das Spiel ist super

Immerhin habe ich mich schon so weit gebessert, dass meine Schlechte-Verlierer-Darbietungen immer kürzer werden und ich mich relativ schnell für mein kindisches Verhalten entschuldigen kann. Erstens, weil ich verdammt nochmal 30 Jahre alt bin. Zweitens, weil ich will, dass Kahuna weiter Spass macht und wir das Spiel abends gerne aus der Kommode holen. Es ist schnell aufgebaut, rasch verstanden und dennoch sehr abwechslungsreich. Und vor allem dauert eine Partie maximal 30 Minuten. Perfekt für jemanden wie mich, bei der die Aufmerksamkeit irgendwann auf der Strecke bleibt.

Und schliesslich ist da noch die Südsee-Atmosphäre. Sie bildet den Gegenpol zu all meinen negativen Gefühlen. Zu all dem Stress, der in mir aufkeimt, wenn mal wieder meine hart erbauten Inselverbindungen gekappt werden. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie übel meine Laune wäre, würde meine Spielfigur nicht mit den Füssen im warmen Sand, sondern im Dreck brutaler Schlachtfelder stecken.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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