Square Enix Visions of Mana
PS5, DE
«Visions of Mana» kommt mit einer Extraportion Nostalgie und bleibt dem Charakter der «Mana»-Serie treu. Leider gilt das auch für negative Aspekte, wie das Pacing der Geschichte und das Gameplay.
Noch nie sah ein «Mana»-Spiel so gut aus. Die Welt von «Visions of Mana» ist eine Wucht. Gepaart mit einem tollen Soundtrack, nettem Gameplay und einer nicht speziellen, aber dennoch gut präsentierten Geschichte, ist das Spiel vor allem für Fans klassischer japanischer Rollenspiele ein Fest.
Du begibst dich mit den Charakteren Val und Hina auf eine Pilgerreise zum namensgebenden Mana-Baum. Hina ist eine sogenannte Geweihte. Aus acht Ortschaften, die an Elemente gebunden sind, werden alle vier Jahre geweihte Personen von einer Fee auserwählt. Die Geweihte tritt die Reise zum Mana-Baum an, wo sie sich opfern muss. Ohne dieses Opfer würde die jeweilige Region in Ruin gestürzt.
Ebenso auserkoren wird ein Seelenwächter. Er oder sie beschützt die Geweihten. Diese Ehre kommt Val zuteil. Er und Hina kennen sich seit Kindheitstagen, sie sind im selben Dorf aufgewachsen. Es wird zwar nie explizit gesagt, aber die zwei verbindet mehr als eine Freundschaft. Eigentlich möchten sie zusammen alt werden. Auf ihrer Reise zum Mana-Baum treffen sie auf die anderen Geweihten.
Soweit die Prämisse. Im Verlauf der Geschichte gibt es die eine oder andere Wendung, die aber vorhersehbar ist. So ist denn auch die Geschichte nichts Spezielles – sie erinnert an «Final Fantasy X».
Die Art und Weise, wie die Story erzählt wird, ist dennoch gut. So werde ich durch die Beziehung von Val und Hina langsam in die Welt von «Visions of Mana» eingeführt. Hina hat sich ein Leben lang auf die Pilgerreise vorbereitet und kennt die Welt aus ihren Lehren. Val hat sich ebenfalls auf seine Funktion als Seelenwächter vorbereitet, aber die ist mehr physisch. Hina muss ihm deshalb viel erklären. Ähnliche Situationen ergeben sich im weiteren Spielverlauf und das funktioniert gut.
Leider fällt es mir schwer, mich in den ersten Spielstunden mit den Charakteren zu identifizieren. Die jungen Menschen müssen schliesslich ihr Leben für das der Allgemeinheit opfern. Eigentlich müsste eine junge Person, die ihr ganzes Leben noch vor sich hat, ob dieser individuellen Ungerechtigkeit die Wände hochgehen. Sie verrichten ihre Aufgabe aber nicht nur pflichtbewusst, sondern sogar willig. Das macht mich anfangs richtig wütend. Der Zwiespalt zwischen individuellem Los und dem Opfern für die Allgemeinheit kommt zu Beginn für mich zu kurz. Diese Auseinandersetzung findet erst spät im Spiel statt. Immerhin finde ich dann meinen Frieden mit den Charakteren.
Dass dieser Konflikt erst spät ausgearbeitet wird, ist mit ein Grund dafür, dass die Geschichte vor allem zu Beginn am zu langsamen Pacing krankt. Die ersten Spielstunden ziehen sich zu lange hin. Es dauert, bis die Geschichte in Fahrt kommt – und ist sie erstmal in Fahrt, geht alles zu schnell. Das gilt auch fürs Gameplay.
Im Gegensatz zur Mutterserie «Final Fantasy» war das Kampfsystem der «Mana»-Serie schon immer Echtzeit- und nicht Runden-basiert. Auf Gegner dresche ich mit schwacher oder starker Attacke, Spezialangriffen oder Magie ein. Genretypisch stehen mir auch diverse Buffs oder Gegenstände im Kampf zur Verfügung. Später kann ich die Klassen der Charaktere anpassen. So kann ich meine Party meinem Spielstil anpassen. Eine grosse Rolle spielen dabei die Elemente, welche jeweils einer Klasse zugeteilt sind.
Das System an sich ist toll und regt mich zum Experimentieren an. Es vergehen aber weit über zehn Stunden Spielzeit, bis ich sinnvolle Kombinationen nutzen kann. Die ersten Spielstunden warten vor allem zig Tutorials auf mich. Die lese ich allerdings später nach, weil viele Möglichkeiten erst im weiteren Verlauf wirklich nutzbar sind.
Beim Levelaufstieg und der Ausrüstung ist das Pacing unausgewogen. Am Anfang dauert es gefühlt eine Ewigkeit, bis ich aufsteige oder neue Ausrüstung kaufen kann. Gegen Ende geht es dann sehr schnell. In den letzten drei Spielstunden bin ich etwa von Level 30 auf über 50 aufgestiegen.
Die Menüführung ist alles andere als nutzerfreundlich. Ich kann etwa Gegenstände, die ich im Kampf einsetze, auf ein Menürad legen. Deren Auswahl ist aber erst über ein Untermenü möglich. Das habe ich in der Flut an Tutorials übersehen und mich noch in der Mitte des Spiels mit Gegenständen, die für den Anfang gedacht sind, versorgt.
Die Kämpfe an sich machen Laune und warten mit schönen Animationen auf – auch im Luftkampf. Im Gegensatz zu anderen Genrevertretern sind die Bewegungen aber eher langsam, was eine gewisse Eingewöhnungszeit mit sich bringt.
Bei den Standardgegnern hätte ich mir mehr Variation gewünscht. Noch vor der Mitte des Spiels kommen dieselben Gegner mit neuem Anstrich vor. Dafür sind die Bosse umso unterschiedlicher und ich hatte einige epische Kämpfe. Die waren für mich auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad gerade richtig. Brauchst du mehr oder weniger Herausforderung, kannst du die Schwierigkeit jederzeit anpassen.
Die Welt von «Visions of Mana» ist halboffen. Es gibt eine Weltkarte, wirklich erkunden kann ich aber nur die halboffene Gebiete, die ich von der Karte aus betrete. Die Karte dient nur der Verbindung der einzelnen Gebiete. Dabei bietet das Spiel immer wieder tolle neue Regionen. Die reichen von der Steppe über Berge bis zum Inneren eines Vulkans. Noch nie sah die Welt in einem «Mana»-Spiel so schön aus.
Ich habe das Spiel auf dem Steam Deck durchgezockt. Dabei lief es meist mehr oder weniger flüssig bei mittleren Einstellungen. Seltsamerweise hatte ich bei den Zwischensequenzen die grössten Einbrüche. Dort stockte es zwischendurch ordentlich mit unter 20 Bildern pro Sekunde. Das soll aber mit einem Patch zum Release behoben werden.
Bei allem Lob für die Präsentation gibt es einen Wermutstropfen: die Charakteranimationen. Ein Holzscheit hat mehr Ausdrucksstärke als Val, Hina und Co. Das passt gar nicht zur überdramatisierten Sprachausgabe. Es wirkt lächerlich, wenn ich Gefühlsregungen höre, aber nicht sehe. Ich musste diverse Male laut lachen. Dabei ist die englische Sprachausgabe ganz gut, einzig mit der Stimme von Careena werde ich nicht warm.
Es gibt immer und überall etwas zu entdecken. Etwa Kisten oder Sirup, den ich gegen Gegenstände tauschen kann. Um an die zu gelangen, muss ich die Welt mit Plattformer-Elementen erkunden. Mir steht etwa ein Doppelsprung und Dash zur Verfügung. Diese Passagen sind an sich keine Herausforderung. Manchmal ist die Steuerung und Übersichtlichkeit aber nicht über jeden Zweifel erhaben. Das hat bei mir zu ein, zwei Frustsituationen geführt.
Für den Soundtrack zeichnet sich einmal mehr Hiroki Kikuta verantwortlich, der bereits bei den Vorgängern mitgewirkt hat. Der Soundtrack untermalt die schicke Optik optimal und stiehlt ihr zwischendurch gar die Show.
Wie es sich für ein Rollenspiel gehört, gibt es neben der Hauptstory auch eine Vielzahl an Nebenaufgaben zu erledigen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um simple Fetch Quests. Ich muss also etwa bestimmte Objekte besorgen oder Gegner besiegen. Als Belohnung winken Geld oder Gegenstände.
Ich habe nur wenige Sidequests gemacht. Nach dem x-ten Fetch Quest war es mir schlicht zu doof. An Geld oder Gegenständen hat es mir auch so nicht gemangelt. Aus meiner Sicht lohnt sich nur eine Nebenaufgabe: In jedem Bereich versteckt sich ein kleiner Kaktus. Je nachdem, wie häufig ich ihn finde, erhalte ich Boni, wie extra Erfahrungspunkte oder Vergünstigungen in den Shops.
«Visions of Mana» wurde mit von Square Enix zur Verfügung gestellt. Ich habe die PC-Version getestet. Das Spiel ist ab dem 29. August ausserdem verfügbar für PS5, PS4 und Xbox Series S/X.
«Visions of Mana» sieht wunderbar aus und spielt sich auch so. Die Story ist spannend, das Kampfsystem bietet viel Abwechslung und die Welt lädt zum Erkunden ein. Leider dauert es lange, bis es soweit ist.
Geschichte und Gameplay leiden am uneinheitlichen Pacing. Bis ich von der Leine gelassen werde, ist über die Hälfte der Geschichte durch. Nimmt letztere an Fahrt auf, ist sie auch schon wieder fertig. Hinzu kommen hölzerne Charakteranimationen, die selbst Bethesda-Spiele in den Schatten stellen – trotz Anime-Stil.
Für Fans der «Mana»-Serie und allgemein japanischer Rollenspiele ist «Visions of Mana» trotz Schwächen Pflicht. Ich habe meine rund 25 Stunden in der Welt rund um den Mana-Baum dennoch genossen. Ich bin es mir von japanischen Rollenspielen gewohnt, dass alles immer etwas länger dauert. Kannst du damit leben, kann ich dir das Spiel empfehlen.
Pro
Contra
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.