Stefanie Lechthaler
Hintergrund

Versteckte Gefahr? – Schwermetalle und Weichmacher in Tampons entdeckt

Laboruntersuchungen zeigen: In Menstruationsprodukten sind Schadstoffe drin, die da nicht hineingehören. Was in den Produkten steckt und wie schädlich Tampons wirklich sind, erfährst du hier.

Ganze 7400 Tampons verwendet eine menstruierende Frau in ihrem Leben, davon ausgehend, dass sie im Alter zwischen 12 und 51 Jahren während vier Tagen im Monat je vier Tampons benutzt. Das ist eine durchaus beachtliche Menge. Vor allem dann, wenn die Gesundheitsrisiken, die damit einhergehen, berücksichtigt werden.

Berechtigten Anlass zur Hellhörigkeit gibt es tatsächlich, denn verschiedene Studien haben schon bedenkliche Schadstoffe wie Weichmacher, krebserregende PAK oder Schwermetalle in den Produkten nachweisen können. Das Problem: Im Gegensatz zu oral eingenommenen Substanzen durchqueren über die Vaginalschleimhaut aufgenommene Schadstoffe weder Leber noch Nieren und gelangen so ungefiltert in den Körper, wo sie möglicherweise Schäden anrichten.

Blei, Argon und Kobalt

In einer 2024 erschienen Studie untersuchte ein Forschungsteam in den USA 14 verschiedene Tamponmarken auf 16 gesundheitsschädliche Metalle. Fündig wurde das Team in allen Produkten, ob Bio oder konventionell. Dazu zählten besorgniserregende Stoffe wie Argon, Kobalt oder sogar Blei. Unklar bleibt jedoch, auf welchem Weg diese Schwermetalle in die Produkte gelangten. Möglicherweise werden sie bereits beim Anbau der Baumwolle, einem Hauptbestandteil vieler Tampons, von den Pflanzen aufgenommen und gelangen so ins Material.

Ein Grossteil der Tampons besteht aus Viskose oder Baumwolle. Schadstoffe gelangen eventuell über den Pflanzenanbau ins Produkt.
Ein Grossteil der Tampons besteht aus Viskose oder Baumwolle. Schadstoffe gelangen eventuell über den Pflanzenanbau ins Produkt.
Quelle: Shutterstock / Katie Dragon

Wie gross jedoch der genaue Schwermetallanteil in den Tampons ist, konnte die Studie aufgrund der kleinen Probenzahl nicht klären. Auch wurde nicht untersucht, welche direkten Folgen durch die Schadstoffbelastung für die Gesundheit zu erwarten sind oder inwiefern sie langfristige Auswirkungen auf den Körper haben könnte.

Entwarnung? Folgen für die Gesundheit

Gemäss dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfG) gibt es keinen Grund zu Beunruhigung, denn trotz kleiner Probezahl seien die Werte an Schwermetallen in den Produkten so klein, dass keine gesundheitlichen Gefahren für den Körper zu erwarten sind. Im Vergleich dazu sei der Schwermetallanteil in Lebensmitteln, Trinkwasser oder Hausstaub grösser. Die nachgewiesenen Schadstoffe in Tampons seien somit vernachlässigbar.

Auch eine Studie von Singh et al. untersuchte die Metallkonzentration im Blut von Tampon-Nutzerinnen und der damit verbundene zellschädigende Sauerstoffstress. Dabei zeigte sich zwar ein möglicher Anstieg der Quecksilberwerte, doch ein statistisch signifikanter Zusammenhang im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Tamponverwendung konnte die Forschungsgruppe nicht feststellen. Trotzdem kamen beide Forschungsteams zum Schluss, dass der Nachweis von Schwermetallen in Tampons eine bedeutende Erkenntnis ist – eine, die Verbraucherinnen klarer kommuniziert werden sollte und weitere Forschung zur Risikoeinschätzung erfordert. Auch das BfG zieht die Hersteller zur Verantwortung und weist darauf hin, dass bei Schwermetallen wie Blei das ALARA-Prinzip gelte.

Weichmacher und Glyphosat

Weitere bedenkliche Stoffe, die wiederholt in Menstruationsprodukten nachgewiesen wurden, sind neben Glyphosat sogenannte Weichmacher. Diese werden in den Tampons eingesetzt, um die Kunststoffe flexibler und länger haltbar zu machen. Allerdings geraten diese Stoffe immer wieder in die Kritik: Sie stören den Hormonhaushalt im Körper und können sogar Folgeerkrankungen wie Tumore oder Diabetes auslösen.

Im März untersuchte der K-Tipp in seinem Produkttest acht verschiedene Tamponmarken. Neben den Eigenschaften wie Saugfähigkeit oder Stabilität des Rückholbändchens, hat das Onlinemagazin zwei spezialisierte Labors damit beauftragt, die Produkte auf Weichmacher und Ampa, dem Abbauprodukt des umstrittenen Herbizids Glyphosats, zu überprüfen.

Erfreulich: Die meisten haben keine kritische Inhaltsstoffe

In fünf der acht getesteten Produkte konnten keine Schadstoffe nachgewiesen werden. Dabei belegten die Tampons ProComfort Normal der Marke o.b. den ersten Platz mit der Note «sehr gut», da sie die beste Saugfähigkeit aufwiesen und keine Weichmacher enthielten.

o.b. ProComfort (64 x, Normal)
Tampons
EUR23,90

o.b. ProComfort

64 x, Normal

Auch frei von Weichmacher waren die Tampons von Tampax, die allerdings wegen ihrer schlechten Saugfähigkeit auf dem zweitletzten Platz mit der Note «genügend» landeten. In zwei anderen Produkten fanden die Laboruntersuchungen Weichmacher DEHP. Der K-Tipp erwähnt dabei, dass diese Art von Weichmacher in der Schweiz und in der EU in Produkten wie Babyartikeln, Spielzeug und Kosmetika verboten sind, dieses Verbot aber nicht für Tampons gelte.

Tampax Regular (30 x, Normal)
Tampons

Tampax Regular

30 x, Normal

Nur bei den organic cotton Tampons von Natracare fand das Labor Spuren von Ampa, dem Abbauprodukt des umstrittenen Glyphosats. Damit landete das Produkt auf dem letzten Platz im Test. Laut Eigenangaben des Herstellers könnte der Unkrautvernichter entweder als Nebenprodukt des Bleichverfahrens der Biotampons entstehen oder aus dem Leitungswasser stammen.

Natracare Regular (20 x, Normal)
Tampons

Natracare Regular

20 x, Normal

Folgen für die Gesundheit

Welchen Einfluss die Substanzen auf die körperliche Gesundheit haben, untersuchte das Onlinemagazin nicht. Zu den Weichmachern macht das BfG keine Angaben, aber das Institut schätzt die Menge der Glyphosatrückstände als unbedenklich ein. Trotzdem verweist der K-Tipp auf die Warnungen von Gesundheitsorganisationen. Zur Erinnerung: Sie bewerten Glyphosat als «möglicherweise krebserregend» und betonen, dass Weichmacher mit Veränderungen im Hormonsystem einhergehen.

Die Menge macht das Gift

Zusammengefasst: Grundsätzlich schätzt das BfG Tampons als unproblematisch ein – die Menge der problematischen Inhaltsstoffe sei zu gering, um einen gesundheitlichen Schaden anzurichten. Viel wichtiger sei vor allem, dass Tampon-Tragende das toxische Schocksyndrom im Auge behalten.

Dennoch verweisen alle Untersuchungsinstitute auf die Wichtigkeit, Käuferinnen und Käufer über die Substanzen und Inhaltsstoffe in den Produkten aufzuklären, denn bisher gilt laut K-Tipp noch keine Deklarationspflicht für Tampons. Immerhin zeigen sich einige Hersteller auf Anfrage des K-Tipps einsichtig und erklären, Massnahmen zur Verbesserung ihrer Produkte zu treffen.

Mehr zum Thema Menstruation:

Eine Alternative zu den Periodenprodukte ist – gar keine zu benutzten. Wie das gelingt, zeigt Maike Schuldt-Jensen in ihrem Beitrag über Freies Menstruieren.

Und wieso die Menstruation nicht nur Krämpfe und Stimmungsschwankungen bedeutet, kannst du in Natalie Hemengüls Beitrag lesen.

  • Ratgeber

    «Ohne Menstruation kein Mensch»

    von Natalie Hemengül

Titelbild: Stefanie Lechthaler

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Die Wände kurz vor der Wohnungsübergabe streichen? Kimchi selber machen? Einen kaputten Raclette-Ofen löten? Geht nicht – gibts nicht. Also manchmal schon. Aber ich probiere es auf jeden Fall aus.

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