Trendsport Foilen: Mit dem Scooter übers Wasser fliegen
Hintergrund

Trendsport Foilen: Mit dem Scooter übers Wasser fliegen

Siri Schubert
10.10.2024

Wingfoilen, Kitefoilen, Pumpfoilen: Kaum eine Wassersportart kann sich der Faszination der Hydrofoils entziehen. Profi-Sportler Benjamin Friant hat jetzt einen Foil-Scooter entwickelt, mit dem das Schweben übers Wasser einfacher werden soll.

Benjamin Friant hat einen grossen Teil seines Lebens auf Rollen verbracht. Nachdem er vor rund 20 Jahren bei der Scooter-Europameisterschaft in seinem damaligen Heimatort Montreux zuschaute, war ihm klar: «Solche Tricks will ich auch können». Jede freie Minute gehörte fortan dem Training. Bei der nächsten Europameisterschaft stand er bereits ganz oben auf dem Siegertreppchen. Nicht viel später wurde er Profi. Bald war er derjenige, zu dem die Nachwuchssportler und -sportlerinnen aufschauten.

Vor einigen Jahren setzte er sich selbst eine Challenge: Er wollte das Scooter-Feeling auf andere Action-Sportarten übertragen. Snowboarden, Wakesurfing, Wakeboarden, Skimboarding – immer öfter tauschte Benji Rollen und Asphalt gegen Wasser oder Schnee ein.

Der Foil-Trend als Inspiration

Seine Experimentierfreudigkeit kam genau zu der Zeit, als der Trendsport Wingfoilen in der Schweiz die ersten Fans fand. Die neue Sportart faszinierte ihn sofort. «Ich wollte einen Foil-Scooter bauen, aber zuerst das Wingfoilen lernen, damit ich weiss, worauf es ankommt», erzählt er mir, als ich ihn persönlich zu einem Gespräch treffe. Doch wie viele angehende Foilerinnen und Foiler hatte er die Lernkurve unterschätzt.

«Alles entwickelt sich so schnell, dass es schwierig ist, wirklich gute Informationen über das passende Equipment zu bekommen», sagt er. Zudem sei es nicht einfach, teure Ausrüstung zu testen. Schliesslich seien die Carbon-Tragflächen so zerbrechlich, dass man sich nicht zu viele Fehler, vor allem solche, die auf Steinen enden, leisten könne.

Glücklicherweise sprang ein Sponsor aus Scooter-Tagen ein und unterstützte ihn mit Material. Nach mehreren Wochen gelang es ihm endlich: Er schwebte mit dem Wingfoil-Board, angetrieben vom Wind und mit einem Flügel in der Hand übers Wasser. «Wow, unglaublich», beschreibt er das Gefühl.

Parallel zu seinen Wingfoil-Versuchen arbeitete er an einem Foil-Scooter. Aus massivem Holz shapte er ein Board und montierte eine Trottinett-Lenkstange darauf. Ein Carbon-Foil auf der Unterseite ergänzte das Set-up. Benji konnte es kaum erwarten, seine Erfindung zu testen.

Beinmuskeln und Koordination sind gefragt bei dieser kurzen Pumpfoil-Demo.

Von der Challenge zum Produkt

Beim ersten Versuch hatte sich eine Menge Schaulustige versammelt, bevor er sein Brett zu Wasser lies. Der Druck war immens. Die Nervosität auch. «Und es war grossartig», sagt er. «Der erste Prototyp ermöglichte es mir, übers Wasser zu gleiten». Ganz ohne Motor und nur mit der Kraft seiner Beine. Nach Monaten, in denen er versucht hatte, das Wingfoilen zu lernen, gelang ihm das Pumpfoilen, das als schwieriger gilt, dank der Lenkstange und seines Designs beim ersten Versuch.

Befeuert von dem ersten Erfolg ging es zurück in die Werkstatt, wo er den Prototypen verfeinerte. Statt aus Holz entwickelte er ein leichtes Board aus Carbon mit Schaumstoffkern; die Form passte er den speziellen Anforderungen fürs Pumpfoilen an. Aus der persönlichen Challenge wurde ein neues Produkt.

Hoch hinaus: Benji testet, was mit dem Foil-Scoot möglich ist.
Hoch hinaus: Benji testet, was mit dem Foil-Scoot möglich ist.
Quelle: Benji Friant

Und immer wieder zog es ihn aufs Wasser. Dass der Sommer längst vorbei war und es kälter wurde, störte ihn dabei nicht. «Ich war ganz allein auf dem See und das war einfach unglaublich», sagt er. «Im Winter ist das Wasser oft spiegelglatt und das einzige Geräusch ist das leise Pfeifen des Foils und der Wind. Das ist ein einzigartiges Gefühl.»

Neben dem meditativen Aspekt gibt ihm das Pumpfoilen mit dem Scooter ein gutes Cardio-Workout und Kraft für die Beine. Das Pumpen und das Balancehalten fordern so ziemlich alle Muskeln. Denn trotz des Zen-Gefühls ist der Motor der eigene Körper.

Der Foil-Scooter bringt Benji in die Wellen und ins Eis

Nach den Seen zog es ihn aufs Meer, wo er den Foil-Scooter in den Wellen ausprobierte. Auch das funktionierte. Auf der Suche nach neuen Abenteuern erkundete er mit einer Gruppe begeisterten Pumpfoilern inzwischen auch tiefe Schluchten wie die Areuse-Schlucht im Jura, unterirdische Seen wie den Lac Souterrain De Saint-Léonard im Wallis und Flüsse wie die Verzasca.

Eine Kollaboration mit dem Getränkehersteller Red Bull ermöglichte es ihm, in Island in einer Schlucht zwischen den tektonischen Platten der Kontinente Europa und Amerika zu foilen. Auf diesem Trip bewegte er sich mit seinem Foil-Scoot, wie Benji seine Erfindung nennt, auch auf dem Meer zwischen Eisbergen. «Das war ein unvergleichliches Gefühl», sagt er. Die Eisberge bewegten sich ständig und um ihn herum schwammen neugierige Seehunde. «Es war verrückt. Wie auf einem anderen Planeten. Das Foilen hat mich an Orte gebracht, die ich sonst nie gesehen hätte.»

Faszination Eis: Mit dem Foil-Scooter schwebt Benji an Eisbergen vorbei.
Faszination Eis: Mit dem Foil-Scooter schwebt Benji an Eisbergen vorbei.
Quelle: Benji Friant

Die Erfindung soll auch anderen den Start in den Foilsport erleichtern

Nach seinen Erfolgserlebnissen wollte er die Begeisterung für den Sport mit anderen Menschen teilen und das Pumpfoilen zugänglicher machen. Tatsächlich ist eine der grössten Hürden bei dem neuen Sport der Dock-Start, bei dem angehende Foilerinnen und Foiler von einem Steg aufs Board springen, um loslegen zu können.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass viele – teilweise frustrierende – Versuche nötig sind, um das zu meistern. Bisher ist es mir noch nicht gelungen. Deshalb bin ich die geeignete Testperson. Benji erklärt sich bereit, mir ein Coaching mit dem Foil-Scooter zu geben und meine Fortschritte im Video festzuhalten.

Ohne das schwierige Springen vom Steg aufs Board machte ich schnell Fortschritte. Innerhalb der ersten Übungsstunde schaffte ich es, bei jedem Versuch ein paar Meter weiter zu kommen. Für mich kann ich sagen: ein echter Game Changer.

Benji betont, dass der Foil-Scooter das Foilen auch sicherer mache. Der Sport ist nicht ganz ungefährlich, weil sich Sportlerinnen und Sportler beim Sturz auf die Tragfläche aus dünnem Carbon mit spitz zulaufenden Flügeln verletzen können. Da die Hände beim Foil-Scooter am Lenker bleiben, ist das Risiko, beim Sturz auf dem scharfkantigen Foil zu landen, geringer. Auch das macht den Foil-Scooter einsteigerfreundlich, selbst wenn Prallweste, ein langärmliger Neoprenanzug und Helm weiterhin empfohlen werden.

Nachdem Benjis Selbstversuche auf Schweizer Seen und Flüssen sowie auf Social Media grosse Aufmerksamkeit auf sich zogen, entschied er sich, den Foil-Scoot im grösseren Stil anzubieten. Um die Produktion zu lancieren, läuft derzeit eine Fundraising-Kampagne auf Indigogo.

Erfahrung mit der Produktentwicklung hat Benji bereits. Vor einigen Jahren brachte er in Zusammenarbeit mit einem Trottinett-Hersteller einen Snowscooter heraus. Die Erkenntnisse aus der Entwicklungsarbeit will er jetzt auch beim neuen Wasser-Trendsport nutzen.

Titelbild: Benjamin Friant

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


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