«Tears of the Kingdom» im Test: Ein Meisterwerk epischen Ausmasses
Oberflächlich betrachtet sieht «The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» seinem Vorgänger «Breath of the Wild» ziemlich ähnlich. Doch der Schein trügt. Links neues Abenteuer ist ein episches Meisterwerk und für mich schon jetzt eines der besten Nintendo-Spiele aller Zeiten.
Wow, was für ein Game. Nach knapp 100 Stunden Spielzeit lege ich den Controller nieder und blicke auf eines der spektakulärsten Abenteuer meiner Gaming-Karriere zurück. Ich kann mich nicht erinnern, wann mich ein Spiel zuletzt so in seinen Bann gezogen hat.
«The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» ist ein Spiel voller verrückter Ideen und Gameplay-Mechaniken, die in einem einzigartigen Spielerlebnis resultieren. Wenn dir das Open-World-Design von «Breath of the Wild» gefallen hat, wirst du das verrückte Sandbox-Prinzip von «Tears of the Kingdom» lieben.
Wo ist Zelda?
Die Handlung von «Tears of the Kingdom» spielt einige Jahre nach den Ereignissen von «Breath of the Wild». Die Story ist insgesamt gehaltvoller und spannender erzählt als im Vorgänger. Sie trumpft mit einigen Überraschungen und einem emotionalen Ende auf.
Nachdem Link den Bösewicht Ganon besiegt und Hyrule vor dem Untergang bewahrt hat, herrscht im Königreich Frieden. Bis zu dem Tag, an dem sich das Schloss Hyrule aus unerklärlichen Gründen in die Luft erhebt und alles ins Chaos stürzt.
Inmitten des Durcheinanders kehrt der totgeglaubte Dämon Ganon(dorf) zurück und Prinzessin Zelda verschwindet von der Bildfläche.
Meine Aufgabe ist es, die Prinzessin zu finden und das Geheimnis hinter den rätselhaften Geschehnissen rund um das Schloss Hyrule zu lüften. Leichter gesagt als getan, denn die Spielwelt in «Tears of the Kingdom» ist gigantisch.
Open-World im XXXL-Format
«The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» ist eines der grössten, wenn nicht das grösste, Open-World-Spiel, das ich je gespielt habe. Sowohl von der Fläche der Spielwelt als auch von der Dichte an Aktivitäten her. Auch nach Dutzenden von Stunden entdecke ich neue Geheimnisse, hervorragend designte Nebenquests und Items, bei deren Anblick mir die Kinnlade herunterfällt.
Nach dem Ende der Story habe ich immer noch das Gefühl, nur an der Oberfläche der gigantischen Spielwelt gekratzt zu haben.
Das Königreich Hyrule ist kaum wiederzuerkennen. Es gibt neue Siedlungen zu erkunden, neue Höhlen zu entdecken, neue Monster zu vermöbeln und einen Haufen fantastisch geschriebener Charaktere kennenzulernen. Städte aus dem Vorgänger haben sich teilweise stark verändert und altbekannte Gesichter sind inzwischen älter geworden.
Neben dem generalüberholten Königreich gibt es im Himmel über Hyrule mysteriöse, schwebende Inselgruppen zu entdecken – die sogenannten «Sky Islands». Dort finden sich Ruinen einer längst vergangenen «Zonai»-Zivilisation.
Als wäre das nicht genug, versteckt sich im Untergrund eine komplett neue Welt, die die Grösse der ohnehin schon gigantischen Open World verdoppelt. In den Untergrund gelange ich durch mysteriöse Schluchten, die sich im Königreich aufgetan haben.
Alle drei Teile der Map sind nahtlos miteinander verbunden. Ich kann mich mit einem «Skytower» in den Himmel schiessen lassen, auf einer Sky Island landen und dann kilometerweit durch eine Schlucht in den Untergrund springen. Ganz ohne Ladezeiten und Unterbrüche.
Links neue Fähigkeiten sind der Wahnsinn
Damit sich Link in dieser riesigen Open World zurechtfindet, stehen ihm ab Beginn seines Abenteuers neue Werkzeuge zur Verfügung. Das «Sheikah Slate» aus dem Vorgänger ist weg. Stattdessen besitzt Links rechter Arm jetzt magische Fähigkeiten, die ihm helfen, mit der Spielwelt zu interagieren.
Mit der «Recall»-Fähigkeit spule ich die Zeit von beweglichen Objekten zurück. So kann ich beispielsweise heruntergefallene Trümmerteile aus den Sky Islands als Lift in Richtung Himmel missbrauchen.
Mit «Ascend» durchdringt Link Hindernisse, die sich oberhalb von ihm befinden. In Höhlen springe ich mit der Fähigkeit durch die Höhlendecke und tauche auf dem Gipfel eines Berges wieder auf.
Die Hauptattraktion des neuen Toolsets ist aber die Fähigkeit «Ultrahand». Damit kann Link eine Vielzahl an Objekten bewegen, manipulieren und miteinander verbinden. Mit der Ultrahand baue ich Boote, um Seen zu überqueren, Flugzeuge, um zu weit entfernten Sky Islands zu fliegen oder Off-Road-Trucks für heisse Lava-Gebiete.
Um die Maschinen zusammenzubauen, verwende ich natürliche Ressourcen und alte Geräte der Zonai-Zivilisation. Ich schalte laufend neue, spannende Geräte frei, die ich herumtragen kann.
Die Gadgets sind unglaublich vielseitig und reichen von Waffen wie Flammenwerfern, Kanonen und Laserpistolen über Transportmittel wie Räder, Ballons und Turbinen bis hin zu komplett durchgeknallten Items wie Raketen und Robotern.
Wie ich die Geräte miteinander verbinde, ist voll und ganz mir überlassen. Während ich am Anfang noch relativ spartanische Konstruktionen bastle, baue ich gegen Ende meines Abenteuers unglaubliche Maschinen zusammen.
Das Basteln geht mir auch nach zig Stunden Spielzeit nicht auf die Nerven – im Gegenteil. Im Verlauf des Spiels schalte ich die praktische «Autobuild»-Funktion frei, mit der ich gespeicherte Konstruktionen automatisch bauen kann. Das spart Zeit und unnötige Wiederholungen.
Die ultimative Sandbox
Mit den neuen Fähigkeiten fühlt sich die gigantische Open World von «Tears of the Kingdom» wie die ultimative Sandbox an. Meiner Kreativität und Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt. Vor allem bei der Navigation durch die schwebenden Sky Islands merke ich, wie genial die neuen Werkzeuge sind und wie gut sie sich kombinieren lassen.
Links Fähigkeiten verändern die Art und Weise, wie ich mich durch die Welt bewege, komplett. Die Freiheit, die ich in «Tears of the Kingdom» beim Erkunden von Hyrule spüre, habe ich so noch in keinem anderen Open-World-Spiel erlebt.
Dadurch fühle ich mich wie ein kleines Kind, das auf ein riesiges Abenteuer geht. Ich lasse mich vom Flow der offenen Spielwelt treiben, entdecke ständig neue Geheimnisse und spannende Quests, während ich die Zeit zurückspule, durch Decken springe und verrückte Maschinen baue. Was für ein einzigartiger Gameplay-Mix.
Schreine und Dungeons
Das gleiche Sandbox-Gefühl geben mir auch die zahlreichen Schreine, die in der Welt verteilt sind. Wie schon in «Breath of the Wild» zwingen mich die Mini-Dungeons, Links Werkzeuge auf kreative Art und Weise einzusetzen.
Das Mantra «es gibt keine richtige Lösung» wird hier aufgrund der Flexibilität von Links Ultrahand auf die Spitze getrieben. Meist muss ich irgendwelche absurden Konstruktionen zusammenbasteln, um die Rätsel zu lösen. Das Gefühl, wenn meine Bastelei tatsächlich funktioniert, ist unbeschreiblich cool.
In «Tears of the Kingdom» kehren auch thematisch aufgeteilte, grössere Dungeons zurück. Sie sind zwar nicht so gross wie die Dungeons aus der Ära vor «Breath of the Wild», aber um Längen besser als die generischen «Divine Beasts» aus dem Vorgänger. Auch hier lässt mir das Spiel in der Lösung der Rätsel freien Lauf. Mit genug Kreativität und Zonai-Ressourcen bastle ich mir sogar Geräte, die einige Rätsel umgehen und den Dungeon «kaputtmachen».
Hello Darkness, my old friend
Weniger Freiheit gibt mir die Untergrundwelt von Hyrule. Sie ist stockdunkel. Ohne die entsprechende Ausrüstung sehe ich dort unten nichts. Der Untergrund ist übersät von «Gloom» – einer tödlichen Substanz, die durch die Ereignisse rund um das Schloss Hyrule freigesetzt wurde.
Hier muss ich mir jeden Schritt in der Dunkelheit erkämpfen. Belohnt wird mein Erkunden durch epischen Loot, spannende Nebenquests und wichtige Ressourcen, die ich für das Basteln und Betreiben von Ultrahand-Konstruktionen brauche.
Der Untergrund ist kein Ort, an dem ich mich wohlfühle. Die Dunkelheit, die düstere Musik, die mächtigen Feinde und der tödliche Gloom erzeugen eine bedrückende Stimmung.
Es ist ein krasser Kontrast zur bunten, fröhlichen Oberwelt, die mir alle möglichen Freiheiten bietet. Und genau deshalb finde ich den Ort mit zunehmender Spielzeit so spannend – er verändert den Spielfluss komplett und ist eine willkommene Abwechslung. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass der Untergrund nicht allen «Breath of the Wild»-Fans gefallen wird.
Verrückte Waffenkombinationen
Auch am Kampfsystem hat sich dank Links magischem Arm viel geändert. Mit der «Fuse»-Fähigkeit kann ich meine Waffen mit Items – oder sogar anderen Waffen – kombinieren.
Meiner Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt. Klebe ich einen Flammenwerfer an mein Schild, röste ich Feinde aus sicherer Entfernung. Mit einer Schwert-Pilz-Kombo fliegen Monster bei kritischen Schlägen in hohem Bogen weg. Und mit einer Rakete am Schild fliege ich selbst blitzschnell in die Höhe.
Auch Pfeile lassen sich mit Items kombinieren. Mit weissem «Chu Chu Jelly» friere ich getroffene Feinde ein. Montiere ich Monsteraugen auf die Pfeile, verfolgen die Projektile ihr Ziel für einen garantierten Headshot. Das Herumexperimentieren mit verschiedenen Items macht Spass – auch wenn nicht alle Kombinationen so sensationell sind, wie ich mir das ausgemalt habe.
Wie schon in «Breath of the Wild» gehen meine Waffen mit zunehmender Nutzung kaputt. In «Tears of the Kingdom» hat diese – für einige Fans nervige – Mechanik aber weniger Gewicht. Viele Feinde lassen mächtige Waffen- und Rüstungsteile fallen, mit denen ich sofort neue, noch stärkere Waffen und bessere Schilde bastle. Diese sind bitter nötig, denn viele grössere Gegner und Minibosse töten mich mit wenigen Schlägen.
Neben neuen Waffenkombinationen kann Link im Kampf auf diverse Verbündete zählen. Im Verlauf der Geschichte schalte ich Geister von bekannten Charakteren frei, die ich auf Knopfdruck herbeirufe. Diese kämpfen an meiner Seite und eignen sich hervorragend als Ablenkung für mächtige Gegner. Zudem kann ich pro Charakter eine Spezialfähigkeit aktivieren, die das Blatt in einer Schlacht oft wendet.
So kegelt beispielsweise der Gorone Yunobo Feinde mit einer Feuerattacke weg und die Gerudo Königin Riju schockiert Monster mit einer Blitzattacke. Einige Fähigkeiten, wie der mächtige Windstoss von Vogel-Krieger Tulin, sind auch bei der Erkundung der Spielwelt hilfreich. Mit zusätzlichem Rückenwind segle ich mit meinem Fallschirm noch weiter durch den Himmel.
Die grossen Freiheiten, die mir das Spiel im Kampf gibt, fügen sich nahtlos in das kreative Sandbox-Prinzip ein. Es ist unglaublich, auf wie viele verschiedene Arten sich «Tears of the Kingdom» spielen lässt.
Ein ruckeliges Vergnügen
In Anbetracht der gigantischen Spielwelt und der komplexen Gameplay-Mechaniken ist es erstaunlich, was Nintendo aus der alten Switch-Hardware herauskitzelt. Das Spiel sieht für Switch-Verhältnisse wunderschön aus. Vor allem die Sky Islands beeindrucken mich immer wieder. Wolken ziehen an mir vorbei, die Sonne taucht die Szenerie in atmosphärisches Licht und unter mir erstreckt sich die gigantische Map von Hyrule. Wow.
Leider kann die Performance nicht immer mit den grossen Ambitionen des Spiels mithalten. Besonders nervig sind Framerate-Einbrüche bei der Nutzung der Ultrahand-Fähigkeit und bei Schlachten mit vielen Gegnern. Auch beim Durchqueren der Map mit einem Flugzeug pfeift die Switch aus dem letzten Loch.
Einen signifikanten Einfluss auf das Gameplay haben die Ruckler nicht. Ich bin noch nie gestorben oder habe ein Ziel verfehlt, weil das Spiel gestockt hat. Trotzdem sind die Framerate-Einbrüche nervig und ich hoffe, dass Nintendo uns bald mit neuer Switch-Hardware beglücken wird.
Fazit: Ein Spiel, wie kein anderes
«The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» ist ein einzigartiges Meisterwerk und setzt neue Massstäbe für das Open-World-Genre. Kein anderes Spiel gibt mir so viele verrückte Werkzeuge in die Hand. Kein anderes Spiel lässt mich so kreativ denken und bietet mir in der Erkundung der rappelvollen Spielwelt so viele Freiheiten.
Die technischen Schwierigkeiten sind nervig. Aber am Ende meiner epischen Reise durch die Sky Islands, Hyrule und den Untergrund sind sie nur eine Randnotiz in einem der besten Gaming-Abenteuer, das ich je gespielt habe.
«The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» ist ab dem 12. Mai für die Nintendo Switch erhältlich. Im Tech-telmechtel Podcast haben wir auch über das Game diskutiert. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Nintendo zur Verfügung gestellt.
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.