Surface-Laptop-Gehäuse unter Strom: Gefährlich oder unbedenklich?

Das Magnesium-Aluminium-Gehäuse des Microsoft Surface Laptop 4 steht bei Netzanschluss unter Strom. Wie stark, ist zumindest bei meinen zwei Testmodellen davon abhängig, wie herum ich den Netzteil-Stecker in die Dose schiebe.

In meinem Surface-Laptop-4-Doppel-Review habe ich auf einen kribbelnden Finger hingewiesen, ohne mir der Ursache bewusst zu sein. Dank unserer Community bin ich heute endlich gescheiter, denn User Anonymous hat folgenden Kommentar verfasst und mir damit auf die Sprünge geholfen:

Danke Anonymous. Ein Test zeigt: Es stimmt, im Akkubetrieb kribbelt es nicht. Dass es sich um Strom handelt, der über das Gehäuse meinen Körper durchfliesst, sollte mir eigentlich seit vielen Jahren bewusst sein. Denn dieses angenehme Kribbeln in den Fingern kenne ich von etlichen Geräten. Etwa von Surface Books, MacBooks mit Magsafe-Anschluss oder von einem Firmen-iPad, das mich vor über einem halben Jahrzehnt vergebens auf die dunkle Seite zu ziehen versuchte.

Darum steht das Gehäuse unter Strom

Dass das Gehäuse des Surface Laptop 4 unter Strom steht, liegt an drei Dingen. Erstens am Verzicht einer Erdung. Dem Netzteil fehlt ein Schutzleiter. Zweitens am proprietären, magnetisch haftenden Surface-Connect-Anschluss, der den Strom liefert. Dieser ist nicht wie ein USB-Anschluss isoliert. Und drittens am leitenden Gehäusematerial.

Beim Kribbeln, das ein Reddit-User in einem Post auch als schmerzhaft kribbelndes Nadelgefühl bezeichnet, handelt es sich um Berührungsspannung/Berührstrom. Darunter wird die elektrische Spannung zwischen leitfähigen Teilen eines Geräts – in diesem Fall das Gehäuse – und von einem Menschen oder einem (anderen) Tier verstanden.

Selbstverständlich gibt es für Strom, der über den Körper abfliesst, auch Normen. Nach DIN VDE 0701-0702 darf der Berührstrom für den sicheren Betrieb eines Geräts höchstens 0,5 mA betragen. Liegt der Wert darüber, erhält ein Gerät keine CE-Kennzeichnung und gelangt somit auch nicht in den Verkauf.

Damit ein Gerät fühlbaren Berührstrom abgibt, reichen übrigens auch viel kleinere Spannungswerte. So Löst ein MacBook Air aus dem Jahr 2012 ein Kribbeln aus, obschon die Messung durch das c’t Magazin lediglich auf 0,06 mA kommt.

Was Microsoft dazu schreibt

Auf der Support-Seite von Microsoft findet sich ein Artikel «So laden Sie Surface auf», dem eine FAQ angehängt ist. In dieser beschreibt das Unternehmen, was Berührungsstrom ist und wie es dazu kommt. Zusammengefasst nimmt Microsoft darin weiter wie folgt Stellung:

• Die Empfindung des Gerätenutzers wird durch eine ungefährliche Menge an elektrischem Reststrom ausgelöst.
• Das durch den Berührungsstrom hervorgerufene Gefühl kann als Vibration, leichtes Kribbeln oder kleine Nadelstiche empfunden werden.
• Ein gutes Gerätedesign und Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen stellen sicher, dass Berührungsströme, die eine Person durchfliessen unerheblich und ungefährlich sind.
• Die internen Standards von Microsoft für Berührungsstrom, die strenger sind als die geltenden gesetzlichen Normen, sollen die Wahrnehmung von Berührungsstrom minimieren.

Dass ein gutes Gerätedesign sicherstellt, dass die Berührungsspannung ungefährlich bleibt, bezweifle ich. In meinen Augen wäre es gutes Gerätedesign, wenn der Berührungsstrom verhindert würde. Ansonsten verstehe ich, was mir Microsoft vermittelt.

Ich muss mir als User keine Sorgen machen, da die Grenzwerte eingehalten werden und somit keine Gefahr für Leib und Leben besteht.

Meine Zunge würde ich dennoch nicht daran halten. ;)

So wird das «Problem» umgangen

Falls du dem Braten nicht traust oder der Berührungsstrom dir unangenehme Gefühle bereitet, kann das Problem umgangen werden. Einerseits kannst du den Netzteil-Stecker oder den Surface-Connect-Anschluss um 180 Grad drehen. Bei meinen Testgeräten hilft es, wenn ich den Netzteil-Stecker umgekehrt in die Dose stecke. Damit ist das Kribbeln nur noch mit schwitzigen Händen spürbar. Weiter helfen gut isolierte Schuhe. Das kann auf Dauer aber auch keine Lösung sein.

Der beste Tipp überhaupt ist, auf ein USB-C-Ladegerät oder -Notebook-Netzteil umzusteigen. Der Stecker geht bei USB-C weiter ins Gehäuse und verursacht keine Berührungsspannung. Damit sollten allfällige Probleme bei neueren Surface-Geräten mit entsprechendem Anschluss vom Tisch sein. Beim Kauf empfiehlt es sich, ein Netzteil mit gleicher Leistung wie beim Original zu besorgen.