Produkttest

So viel kostet und leistet ein PC auf PS5- und Xbox-Series-X-Niveau

Nachdem ich einen PC zum Preis einer Konsole gebaut habe, ist nun die Leistung der gemeinsame Nenner. Es wird ein ungleiches Duell und ein Unterschied ist bereits klar: Der Preis.

Die PS5 und die Xbox Series X sind beeindruckende Maschinen. Sie bieten viel Leistung auf verhältnismässig kleinem Platz und das zu einem Preis von gerade mal 500 Euro. Mit meinem Folgeprojekt zum 500-Euro-PC versuche ich, einen PC zu bauen, der den Nextgen-Konsolen bezüglich Leistung möglichst nahe kommt.

Ein wirklich objektiver Vergleich ist praktisch unmöglich. Beide Konsolen setzen zwar auf PC-ähnliche Hardware, aber natürlich keine Stangenware. Außerdem sind die PS5 wie auch die Series S/X geschlossene Systeme. Letztere basieren zwar auf Windows 10, aber genau das gleiche wie deine Pro- oder Home-Version ist das nicht. Nachdem das geklärt wäre, hier die Zielvorgabe der beiden Konsolenhersteller:

Konsolen-Spezifikationen

Ich würde gerne ein komplettes AMD-System umsetzen, aber leider steht mir keine entsprechende Grafikkarte zur Verfügung. Die RX-6000-Serie hätte die gleich RDNA-2-Architektur wie die Konsolen. Stattdessen verbaue ich eine RTX 2080 Ti, die ich kurz dem Redaktions-Streaming-PC entnehme. Diese Grafikkarte ist mit ihrer theoretischen Rechenleistung von rund 14 Teraflops zwar leicht stärker als die Series X, aber etwas Passenderes gibt es derzeit nicht. Als Prozessor dient mir ein AMD Ryzen 5600X. Der besitzt zwar nur sechs Kerne, passender wäre ein Ryzen 7 3700X mit der älteren Zen-2-Architektur. Die CPU ist aber ohnehin selten der limitierende Faktor, daher muss der 5600X ausreichen.

Cooler Master Masterbox NR200P (Mini-ITX, Mini-DTX)
PC Gehäuse

Cooler Master Masterbox NR200P

Mini-ITX, Mini-DTX

Gainward GeForce RTX 2080 Ti Phoenix GS (11 GB)
Grafikkarte

Gainward GeForce RTX 2080 Ti Phoenix GS

11 GB

HyperX Fury (2 x 16GB, 3600 MHz, DDR4-RAM, DIMM)
RAM

HyperX Fury

2 x 16GB, 3600 MHz, DDR4-RAM, DIMM

AMD Ryzen 5 5600X (AM4, 3.70 GHz, 6 -Core)
Prozessor
EUR133,53

AMD Ryzen 5 5600X

AM4, 3.70 GHz, 6 -Core

Gigabyte B550I Aorus Pro AX (AM4, AMD B550, Mini-ITX)
Mainboard
EUR158,62

Gigabyte B550I Aorus Pro AX

AM4, AMD B550, Mini-ITX

Noctua NF-A12 PWM (120 mm, 1 x)
PC Lüfter
EUR39,–

Noctua NF-A12 PWM

120 mm, 1 x

Gigabyte Aorus NVMe Gen4 (1000 GB, M.2 2280)
SSD

Gigabyte Aorus NVMe Gen4

1000 GB, M.2 2280

HyperX Fury (2 x 16GB, 3600 MHz, DDR4-RAM, DIMM)

HyperX Fury

Gigabyte B550I Aorus Pro AX (AM4, AMD B550, Mini-ITX)
EUR158,62

Gigabyte B550I Aorus Pro AX

Gigabyte Aorus NVMe Gen4 (1000 GB, M.2 2280)

Gigabyte Aorus NVMe Gen4

Die PCI-4-SSD von Gigabyte kann zwar mit 5 GB/s Leserate und 4.4 GB/s Schreibrate auf dem Papier nicht mit der SSD in der PS5 mithalten, zumindest bei den Ladezeiten ist dieser Unterschied derzeit aber nicht spürbar.

Beim Gehäuse respektive Mainboard setze ich zwecks Größe auf Mini-ITX. Hier merke ich schnell, dass selbst die PS5 gar nicht so groß ist wie gedacht. Wie auch die Series X, messen die Gehäuse gerade mal sieben Liter Volumen. Das ist mir für mein Projekt definitiv eine zu große Herausforderung. Besonders wenn ich später eine schnellere Karte wie eine RTX 3080 einbauen möchte, würde ich mir beispielsweise mit einem Dan Case mit 7,25 Litern Volumen keinen Gefallen tun. Ich wähle daher das Coolermaster NR200, das mit 18 Litern vergleichsweise riesig ist, aber mit seiner Größe immer noch in mein Ikea-TV-Möbel passt.

Damit der PC trotz kompaktem Format kühl und leise bleibt, wähle ich den massiven NH-U12A-Luftkühler von Noctua. Der passt mit den Mesh-Seitenwänden, die ohnehin besser lüften als die optionale Glaswand, gerade noch so rein. Zusätzlich montiere ich an der Decke zwei Noctua-Lüfter, um die heiße Luft aus dem Gehäuse zu blasen. Es tun es auch die mitgelieferten Lüfter, aber die von Noctua sind leiser. Und das ist für einen Wohnzimmer-PC entscheidend. Das NR200 ist ein beeindruckendes Case. Alle Seitenwände lassen sich einfach abnehmen. Positionen von Netzteil oder Grafikkarten sind flexibel. Und alles wirkt fest und stabil. Der Zusammenbau ist trotzdem eine enge Angelegenheit. Mit meinem Kabelmanagement gewinne ich definitiv keinen Preis.

Benchmark

Ein 1:1-Vergleich mit den Konsolen ist, wie erwähnt, fast unmöglich. Meist kommen dort dynamische Auflösungen zum Einsatz und der Detailgrad ist auch nicht immer klar bestimmbar. Klar ist hingegen, dass sowohl PS5 wie auch die Series X native 4K-Auflösung nur in den seltensten Fällen schaffen. Ich teste die folgenden fünf Titel daher in unterschiedlichen Einstellungen, um möglichst viele Vergleichswerte zu erhalten. Ab Detailstufe «Hoch» aktiviere ich – sofern vorhanden – Raytracing.

*Limitiert durch Bildschirm **Mit DLSS auf Balanced

«Borderlands 3» ist eines der wenigen Spiele, das auf beiden Next-Gen-Konsolen mit nativer 4K-Auflösung läuft und das bei 60 fps. Da kann mein PC mit Voreinstellungen ab Stufe «Hoch» nicht ganz mithalten. Mit ein paar Grafik-Tweaks sind die 4k/60fps aber durchaus möglich.

«Assassin’s Creed Valhalla» schwankt auf den Konsolen zwischen 1188p und 1656p und das bei einem vermuteten Detailgrad von «Hoch». Die fps sind relativ stabil bei 60. Ein ähnliches Ergebnis erzielt auch der weiße Pummel.

Deutlich besser steht der PC in «Watch Dogs Legion» da. Bei Ubisofts Hacker-Game kommen die Konsolen nicht über 30 fps hinaus, während ich in meinen Tests auf «High» noch 50 fps schaffe. Mit aktiviertem Raytracing auf «Hoch» und DLSS auf «Balanced» wohlgemerkt. Ohne DLSS sinken die fps schon mal unter 30. Obwohl «Watch Dogs Legion» ein sehr Prozessor-lastiges Spiel ist, fällt auch hier der Unterschied der Kerne nicht ins Gewicht.

Ähnlich fällt das Urteil beim neusten «Call of Duty»-Teil aus. «Cold War» läuft auf den Konsolen mit Auflösungen zwischen 1800p und 2160p bei 60 fps. Das schafft der PC nur mit aktiviertem DLSS, dann aber sogar fast auf «Ultra».

Was die Ladezeiten anbelangt, so kann ich bei den getesteten Spielen keinen wesentlichen Unterschied zwischen PC und Konsolen feststellen. «Assassin’s Creed Valhalla» beispielsweise lädt einen Speicherstand auf allen Geräten in ungefähr 14 Sekunden.

Die Leistung meines selbstgebauten Wohnzimmer-PCs ist insgesamt gleichauf mit PS5 und Xbox Series X. Die Auflösung und der Detailgrad sind tendenziell etwas höher, im Direktvergleich dürfte das aber nicht besonders ins Auge fallen.

Temperatur und Lautstärke

Nachdem ich die Lüfterkurve etwas justiert habe, damit die Lüfter nicht sofort auf 100 Prozent Leistung drehen, sobald die Temperatur etwas ansteigt, sind die Lärmemissionen akzeptabel. Zwar niemals so leise wie PS5 und Series X, die bei mir immer noch praktisch lautlos arbeiten, aber doch so, dass es mich nicht stört. Ich sitze rund 2,5 Meter vom PC respektive TV-Möbel entfernt.

Eine Rückwand hat mein Möbel nicht. Lasse ich die Türe zu, kann die heiße Abluft trotzdem nur schlecht entweichen. Der Prozessor klettert dann auf über 85 Grad, was laut AMD noch kein Grund zur Sorge ist. Dann drehen aber auch die Lüfter schneller und somit lauter. Knapp 10 Grad kühler wird es mit offener Türe. Die Lautstärke bleibt in etwa gleich.

Die Temperaturen sind nie so hoch, dass die Grafikkarte entscheidend drosselt. Der Takt der RTX 2080 Ti sinkt maximal um ein paar Prozent im Vergleich zum PC im Freien und im geschlossenen Möbel.

Am wohlsten fühlt sich der PC definitiv im Freien. Bei voller CPU- und GPU-Auslastung durch die Benchmark Tools Unigine und Prime95 kommt der Prozessor zwar auch dann kurzzeitig auf 80 Grad, meist bleibt er aber unter 75 Grad. Spiele lasten den PC ohnehin nie so stark aus. Und er arbeitet dann erst noch am leisesten.

Fazit: Etwas schneller und vielseitiger, aber auch massiv teurer

Das Ergebnis überrascht nicht sonderlich. Der selbstgebaute PC ist mit knapp 2500 Euro etwa fünf mal so teuer wie die PS5 oder die Xbox Series X – Peripherie und Windows-Lizenz nicht mitgerechnet. Bezüglich Leistung ist der Vorsprung des PCs dennoch erstaunlich gering und das trotz RTX 2080 Ti. Über die Vorteile des offenen PC-Systems gegenüber den geschlossenen Konsolen will ich hier nicht lamentieren.

Interessanter finde ich den Formfaktor und die Lärmemissionen. Selbst mit meinem mehr als doppelt so großen Gehäuse, das für ein Mini-ITX hervorragend lüftet, kann ich einen gewissen Geräuschpegel nicht verhindern. Hier zeigt sich der Vorteil der durchdesignten Konsolen.

Ein Wohnzimmer-PC auf Konsolen-Niveau kommt dich nicht ganz billig. Die Flexibilität und die Möglichkeiten gegenüber PS5 oder Series X sind aber nicht zu unterschätzen.

Update: Wie in den Kommentaren zu Recht bemerkt, sind die 2500 Euro nicht ganz repräsentativ. Ich habe nur den Preis meiner verfügbaren Hardware einberechnet. Mit günstigerer Grafikkarte, CPU etc. die immer noch auf Konsolen-Niveau sind, liegt der Preis näher bei 2000 Euro.

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