«Shattered Space» im Test: So gut hätte «Starfield» von Anfang an sein können
Die erste kostenpflichtige «Starfield»-Erweiterung «Shattered Space» ist ein Traum für alte Bethesda-Fans wie mich. Auch wenn dir das Hauptspiel nicht gefallen hat, solltest du einen Ausflug auf den Planeten «Va'ruun'kai» wagen.
Die Beziehung zwischen «Starfield» und mir ist... kompliziert. Kurz nach dem Release von Bethesdas Sci-Fi-Epos war ich begeistert. Mit der Zeit gingen mir die langen Ladezeiten, die repetitiven Quests und die leeren Planeten aber gehörig auf den Wecker. Ich hatte das Gefühl, dass ich mehr Zeit in Menüs und mit Schnellreisen verbracht habe, als mit dem Game an sich.
Trotzdem gebe ich der ersten kostenpflichtigen Erweiterung «Shattered Space» eine Chance. Nicht zuletzt, weil Bethesda verspricht, dass der DLC vieles anders macht als das Hauptspiel. Also krame ich meinen alten Raumanzug hervor, steige in mein verchromtes Raumschiff und fliege auf den Heimatplaneten einer mörderischen Sekte.
Wilkommen auf «Va'ruun'kai»
Im Gegensatz zum Hauptspiel muss ich in «Shattered Space» Gott sei Dank nicht die ganze Zeit zwischen Planeten und Sonnensystemen hin und her hüpfen. Fast die komplette Geschichte des Spiels findet auf dem Planeten «Va'ruun'kai» statt. Auf diesem lebt, abgeschottet vom Rest der menschlichen Weltraum-Zivilisation, die Sekte «House Va'ruun». Oder das, was von ihr übrig ist.
Einige Wochen vor meiner Ankunft gab es auf dem Planeten einen verheerenden Unfall, der einen Grossteil der Hauptstadt «Dazra» zerstört und vielen Menschen das Leben gekostet hat. Der Ursprung der Katastrophe liegt in einem fehlgeschlagenen Experiment, das Risse in eine Zwischendimension geöffnet hat. Aus dieser tauchen ekelhafte Insekten-Aliens und leuchtende Va'ruun-Krieger auf, die alles töten, was sich ihnen in den Weg stellt. Natürlich muss ich den Helden spielen und den ganzen Schlamassel rückgängig machen.
Die Geschichte ist fokussierter als die des Hauptspiels. Im Zentrum stehen die Intrigen und Machtspiele der Regierung, die indirekt für die Katastrophe verantwortlich ist. Faszinierend sind die Einblicke in die eigenartigen Bräuche der Religion des «House of Va'ruun». Ich bin von Anfang an hooked und will wissen, wie das Ganze ausgeht.
Verbesserungen im Missionsdesign
Das Missionsdesign von «Shattered Space» wirkt kohärenter als noch in «Starfield». Sogar die Nebenmissionen finde ich spannender als viele Main-Quests im Hauptspiel. Ich verbringe weniger Zeit in Menüs, mit Schnellreisen oder Ladescreens und kann mich stattdessen auf das Erkunden des Planeten fokussieren.
Die Missionen schicken mich nicht mehr auf sinnlose Fetch-Quests von einer Ecke der Galaxie in die nächste und wieder zurück. Stattdessen geben sie mir einen spannenden Story-Kontext und leiten mich zu mysteriösen Locations, die ich in Ruhe erkunden kann. Einige Missionen stellen mich auch vor moralisch schwierige Entscheidungen, bei denen ich wirklich böse sein kann – ein Gefühl, das ich im Hauptspiel oft vermisst habe.
Mein Favorit: Ich muss Geiseln aus den Fängen einer feindlichen Fraktion befreien. Ein Charakter bittet mich, die Geiseln stattdessen zu töten und es den Feinden in die Schuhe zu schieben. So könne man die Politiker überzeugen, besonders hart gegen die gegnerische Fraktion durchzugreifen. Geil. Schon alleine diesen Konflikt finde ich spannender als alles, was ich in «Starfield» erlebt habe.
Konzentrierst du dich nur auf die Hauptmissionen, wirst du «Shattered Space» locker in etwas mehr als fünf Stunden durchspielen. Die relativ kurze Spielzeit sorgt im Netz bereits für hitzige Diskussionen unter Fans. Für mich stellt die kompakte Story keinen Kritikpunkt dar. Abseits der Hauptmissionen gibt es mit grossen Side-Quests und einer Open World voller Geheimnisse viel zu entdecken. Ich habe insgesamt etwa 16 Stunden auf «Va'ruun'kai» verbracht.
Eine kleinere, aber spannendere Welt
Absolviere ich keine Missionen, erkunde ich den weitläufigen Planeten alleine und ohne konkretes Ziel. Die Landschaft von «Va'ruun'kai» sieht verdammt cool aus. Sie ist nicht vergleichbar mit den oft grauen und trostlosen Planeten des Hauptspiels. Stattdessen ist die Welt in eine lila-blaue Farbpalette getüncht, die eine fremdartige und wortwörtlich ausserirdische Stimmung erzeugt. Manchmal bleibe ich einfach stehen und sauge die Atmosphäre ein oder verbringe irrational viel Zeit im Fotomodus, auf der Suche nach dem perfekten Schnappschuss.
Zu entdecken gibt es diverse kleinere und grössere Geheimnisse, Dungeons und Aussenposten von Piraten oder anderen feindlichen Fraktionen. Im Gegensatz zum Hauptspiel ist auf der Oberfläche von «Va'ruun'kai» alles von Hand designt. Das Spielgebiet ist nicht riesig, dafür gibt es keine prozedural generierten Gebiete oder Dungeons mehr. Und das ist gut so.
Sehe ich einen spannenden Ort in der Ferne, kann ich mir sicher sein, dass mich nicht nur eine langweilige, zufällig generierte Kopie eines anderen Ortes erwartet. Ich liebe es, wenn ich «nur noch schnell» etwas erforschen möchte und plötzlich in einem riesigen Dungeon voller Loot lande, in dem ich zwei Stunden mit Ballern und Erkunden verbringe. Herrlich.
Das stringentere Missionsdesign und die kleinere, handgefertigte Welt mit einzigartigen Locations erinnern mich insgesamt an die «guten alten Zeiten» von Bethesda. Versteh mich nicht falsch – ich habe die Missionen im Hauptspiel nicht alle schlecht gefunden. Auch das Erkunden des gigantischen Weltalls fand ich eine spannende Idee – zumindest auf dem Papier. In der Praxis fühlte sich «Starfield» durch das ständige Reisen aber zu partitioniert und durch die prozedural generierten Welten zu generisch an. Die Erweiterung gibt mir ein Gefühl zurück, das ich seit «Fallout 3» und «Skyrim» vermisst habe. «Shattered Space» ist der beste Beweis dafür, dass weniger manchmal mehr ist.
Viel Nostalgie, wenig Innovation
Wenn du in «Shattered Space» nach revolutionären Neuerungen in der Bethesda-Formel suchst, wirst du nicht fündig. Das Spiel punktet bei mir, weil es sich vertraut anfühlt und nostalgische Gefühle weckt, und nicht, weil es spannende Innovationen bietet. Erwähnenswert sind für mich nur zwei Punkte, die für frischen Wind sorgen.
Da wäre zum einen der «Rev-8»-Buggy – ein Fahrzeug, das Bethesda bereits im August als kostenloses Update im Hauptspiel veröffentlicht hat. Es macht unheimlich viel Spass, mit dem Gefährt auf «Va'ruun'kai» herumzudüsen. Besonders cool: Auch vor Bergen macht das neue Fahrzeug keinen Halt. Ähnlich wie mit meinem Jetpack zu Fuss kann ich das Auto mit einem Düsenantrieb in die Luft katapultieren. Das sieht wunderbar bescheuert aus – ich liebe es.
Einziger Wermutstropfen: Auf der Xbox Series X hat das Game mit dem «Rev-8» mit nervigen Performance-Problemen zu kämpfen. Beim Herumdüsen werde ich immer wieder durch Framerate-Einbrüche gestört. Immerhin bin ich auf meinem Abenteuer keinen verheerenden Bugs begegnet. Bis auf einen Komplettabsturz des Games während einer Zwischensequenz bin ich fehlerfrei durch das «Shattered Space» gekommen – keine Selbstverständlichkeit für ein Bethesda-Game.
Die zweite Neuerung betrifft die Kämpfe. Diese fühlen sich insgesamt hektischer und chaotischer an. Grund dafür sind diverse schnelle und aggressive Gegner auf «Va'ruun'kai», die mir ohne Rücksicht auf Verluste nachrennen. Einige davon tauchen sogar plötzlich aus interdimensionalen Rissen vor meiner Nase auf und greifen mich an. Die Viecher sind erbarmungslos.
Aufgrund der oft geringen Distanz zwischen meinen wendigen Feinden und mir verlasse ich mich vermehrt auf Nahkampfwaffen wie Messer und Shotguns. Die neue Nahkampf-Strategie motiviert mich, meinen Charakter hochzuleveln und neue Skills für die intimeren Kampfsituationen freizuschalten. Am Ende des Tages ist es aber immer noch das gleiche Kampfsystem, wie im Hauptspiel – mit allen Vor- und Nachteilen, die es auch dort schon gegeben hat.
«Starfield: Shattered Space» ist erhältlich für Xbox Series X/S und PC für rund 30 Franken oder Euro, beziehungsweise 27 Franken oder Euro mit Gamepass-Abo.
Fazit
Weniger «Starfield», mehr Bethesda
«Shattered Space» macht vieles richtig, was «Starfield» falsch gemacht hat. Die spannende Geschichte rund um die mysteriöse Sekte «House of Va'ruun» spielt sich nur auf einem Planeten ab. Die Missionen sind spannender, kohärenter und unterhaltender als die Quests im Hauptspiel. Ich verschwende meine Zeit nicht mehr mit dem endlosen Navigieren durch Menüs und mit nervigen Schnellreisen, sondern habe Spass beim Erkunden der Spielwelt.
Die Erweiterung macht insgesamt nicht viel neu, im Gegenteil. Sie gibt mir stattdessen die Möglichkeit, in die guten, alten Zeiten von Bethesda einzutauchen. Ich bekomme endlich wieder eine von Hand gemachte und zusammenhängende Spielwelt voller Aktivitäten, in denen ich mich verlieren kann. Falls du dieses Bethesda-Feeling auch vermisst hast, solltest du «Shattered Space» unbedingt eine Chance geben – trotz nerviger Performance-Probleme und insgesamt wenig spannender Neuerungen.
Pro
- grosse, zusammenhängende Spielwelt voller Aktivitäten
- spannende Geschichte in fremdartigem und wunderschönem Setting
- Fortbewegung in neuem Fahrzeug
Contra
- technische Probleme
- wenige spannende Neuerungen
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.