Ryzen 5000: AMD setzt neue Massstäbe
Mit Ryzen hat AMD innert drei Jahren die komplette x-86-Prozessorenwelt auf den Kopf gestellt. Mehr Kerne, bessere Effizienz und jetzt auch noch besser im Gaming als Konkurrent Intel. Der bisherige Underdog wird zum Topdog.
Es ist, als ob der EHC Biel Schweizer Meister im Eishockey würde. Oder Roger Federer doch noch einen 21. Grand-Slam-Titel gewinnt. Ich kann mich vor Euphorie wegen der neuen Ryzen-Prozessoren kaum zurückhalten. Dabei habe ich mir, als ich vor zwei Jahren mit Hardware-Reviews angefangen habe, geschworen, nie allzu fest für AMD zu schwärmen.
Alle meine PCs seit Mitte der Neunziger liefen mit einem AMD-Prozessor. Ich war, bin und werde wohl immer dem Team Red angehören. Als Reviewer muss ich jedoch objektiv sein und bin bis jetzt immer extra hart mit AMD ins Gericht gegangen, um den Fan-Bonus wegzumachen. Das tue ich auch dieses Mal, aber meine Euphorie ist dennoch berechtigt.
Die vier CPUs
Das Launch Line-up der Ryzen-5000-Serie beinhaltet die Ryzen 9 5950X und 5900X, den Ryzen 7 5800X und den Ryzen 5 5600X. Damit ist für den Einsteiger, den ambitionierteren Nutzer und den Profi etwas dabei. Mit dem Verzicht auf einen Ryzen 7 5700X gibt AMD dem 5800X mehr Gewicht. Die CPU stand bei der Ryzen-3000-Serie zwischen Stühlen und Bänken und hatte nur geringen Mehrwert gegenüber dem 3700X. Aber wer weiss, vielleicht bringt AMD da ja später nochmal was.
Prozessor | Mikroarchitektur / Fertigungsprozess | Kerne / Threads | Basis- / Boost-Takt (GHz) | TDP (Watt) | L3 Cache (MB) | PCIe Lanes | Memory Support | Preis (Stand: 05.10.2020) | Preis pro Thread (Stand: 05.10.2020) |
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Ryzen 9 5950X | Zen 3 / 7 nm | 16 / 32 | 3,4 / 4,9 | 105 | 64 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 819 | 25,60 |
Ryzen 9 5900X | Zen 3 / 7 nm | 12 / 24 | 3,7 / 4,8 | 105 | 64 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 549 | 22,90 |
Ryzen 7 5800X | Zen 3 / 7 nm | 8 / 16 | 3,8 / 4,7 | 105 | 32 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 449 | 28,05 |
Ryzen 5 5600X | Zen 3 / 7 nm | 6 / 12 | 3,7 / 4,6 | 65 | 32 | 24 Gen4 | Dual-Channel DDR4-3200 | 299 | 24,90 |
Für dieses Generationen-Review habe ich nebst diesem Artikel drei weitere geschrieben. Zum 5950X, 5900X und 5600X findest du nachfolgend die Links zu detaillierten Reviews.
Da mir zum 5800X Vergleichsdaten fehlen – ich habe weder den Ryzen 7 3800X noch den Intel i7-10700K reviewt –, sehe ich von einem separaten Review für den Prozessor ab. Damit du aber auch Vergleichsdaten zum 5800X hast, habe ich ihn selbstverständlich nach denselben Kriterien wie die anderen Ryzen-5000-Prozessoren getestet. Diese Ergebnisse findest du weiter unten im Artikel, wo ich die Ergebnisse aller vier Prozessoren miteinander vergleiche.
Das macht Zen 3 anders
Gegenüber den Vorgängern hat sich auf den ersten Blick wenig geändert. Bei den Ryzen 5000 steckt der Leistungssprung mehr im Detail. Um bis zu 19 Prozent will AMD die Instruktionen pro Zyklus (IPC) im Vergleich zur Vorgängerarchitektur Zen 2 gesteigert haben. Seit der Einführung der Zen-Architektur 2017 hat AMD somit die IPC um den Faktor 1,41 gesteigert. Bei der Single Thread Performance ist die Leistung des Ryzen 9 5950X im Vergleich zum Ryzen 7 1800X 1,68 Mal so gross.
Abgesehen von diesen Leistungssteigerungen bei IPC und Single Thread Performance bringt die Zen-3-Mikroarchitektur wesentliche Designänderungen mit sich. Im Gegensatz zu Zen 2, wo zwei Core Complexes (CCX) auf einer Compute Die (CCD) ihren Platz fanden, besteht bei Zen 3 jedes CCD aus einem CCX. Bei Zen 2 ist das folgendermassen aufgebaut: Jeder CCX besteht aus 4 Kernen und 8 Threads sowie 16 MB L3 Cache. Das CCD von Zen 3 besteht aus einem CCX, das bis zu 8 Kerne und 16 Threads sowie 32 MB L3 Cache hat.
Das Zen 3 Layout ermöglicht effizientere Kern-zu-Kern- und Kern-zu-Cache-Verbindungen. Dadurch verkürzt sich die Latenz, was sich vor allem in latenzempfindlichen Anwendungen wie Games zeigt.
Die L2-Cache-Zuweisungen bleiben gegenüber Zen 2 mit 512K pro Kern unverändert. Gleiches gilt für den 12nm I/O-Die. Das 7-nm-Fertigungsverfahren ist dasselbe wie bei den Ryzen 3000XT-Prozessoren. Die Prozessoren enthalten bis zu zwei CCDs, was in den vier Prozessoren mit 6-, 8-, 12- und 16-Kernen resultiert.
Im Gegensatz zu Intel erreicht AMD bei Zen 3 den Leistungssprung nicht durch Steigerung des Stormverbrauches. Die Leistung pro Watt der Ryzen 5000 ist rund 24 Prozent effizienter als bei den Ryzen 3000. Damit erhöht sich weder der Stromverbrauch noch die TDP im Vergleich zu den Vorgängern. Im Vergleich zum i9-10900K von Intel ist der Ryzen 9 5900X gar bis zu 2,8 Mal effizienter.
Was heisst das jetzt konkret?
Die Ergebnisse der Benchmarks der vier CPUs findest du gleich nach diesem Abschnitt.
Die Resultate vom 5950X, 5900X und 5600X diskutiere ich im Detail in den weiter oben verlinkten Artikeln. Dort vergleiche ich sie mit den Vorgängermodellen und der Konkurrenz von Intel. Nur so viel: Selbst der kleinste Prozessor, der Ryzen 5 5600X, kann mit dem Intel i9-10900K mithalten. Der Leistungssprung ist vor allem bei der Single Thread Performance enorm. Aber auch bei Multi-Thread-Prozessen beträgt der Unterschied 20 Prozent und mehr.
Der neue Topdog
Mit Ryzen 5000 lässt AMD Intel endgültig hinter sich. Wer hätte das vor drei Jahren gedacht? Dank der konsequenten Weiterentwicklung der Zen-Architektur und den Ryzen-Prozessoren ist AMD dieses Husarenstück geglückt. Die Leistung lässt AMD seine Kunden auch etwas kosten: Im Vergleich kosten alle vier Prozessoren mehr als ihre Vorgänger zum Release. Mit 20 bis 50 Franken hält sich dieser Aufschlag im Rahmen. Obwohl durch das Wegbleiben eines Stock-Kühlers bei 5950X, 5900X und 5600X auch eine versteckte Preiserhöhung im Paket steckt.
AMD liegt preislich jetzt höher als Intel. Das ist aufgrund der Leistung auch gerechtfertigt. Intel hat zurzeit keine andere Wahl, als über den Preis zu gehen, da dem ehemaligen Platzhirschen zurzeit konkurrenzfähige Produkte fehlen. AMD kann zumindest die kommenden Monate von dieser Dominanz profitieren. Sobald die Ryzen 5000 breiter verfügbar sind, werden sie bestimmt auch wieder etwas günstiger, was AMDs Vorteile nur noch stärken wird.
Die nächste Intel-Generation, Rocket Lake-S, ist erst fürs erste Quartal 2021 angekündigt. Bei dieser kommt Intel zwar endlich von der Skylake-Architektur von 2015 weg, aber die CPUs werden voraussichtlich immer noch im 14-nm++-Verfahren hergestellt. Zudem wird das Topmodell wohl nur 8 Kerne haben. Daraus lässt sich schliessen, dass Intel vor allem auf Single Threaded Performance setzen wird. AMD wird dann wohl den Gaming-Thron wieder Intel überlassen müssen. Dennoch: Intel muss sich etwas überlegen, um mit AMD mithalten zu können. Und ich muss mich jetzt damit abfinden, dass mein ewiger Underdog nun der Topdog ist. Wenn das doch nur beim EHC Biel so wäre…
Es bleibt zu hoffen, dass Intel wieder konkurrenzfähiger wird. Denn nochmal zehn Jahre, so lange hat Intels Vormachtstellung gedauert, Lethargie und Eitelkeit will ich als Konsument nicht ertragen. Das können sich weder Intel noch AMD leisten, zumal auch ARM immer stärker wird. Am Ende profitieren schliesslich vor allem wir Konsumenten von diesem Konkurrenzkampf.
Update 6.11.2020:
Hallo zusammen,
Erstmal: Ich verstehe all euren Frust, dass wir nicht genug CPUs zum Launch liefern können. Gerne hätten wir mehr an Lager und würden euch alle sofort beliefern - wir wollen ja auch Kohle machen. Leider ist das zurzeit nicht möglich. Wir sind aber selbstverständlich mit AMD in Kontakt, damit wir baldmöglichst neue Exemplare verfügbar haben. Bitte versteht auch, dass Kollege Yannick Cejka zurzeit nicht auf jede einzelne Mail von euch sofort antworten kann. Sobald er mehr Infos hat, informiert er so schnell als möglich auf der Ankündigungspage
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.