Meinung

Physische Games werden zum Sammlerstück

«Alan Wake 2» und «Starfield» werden statt einer Disc nur einen Download-Code in der Box enthalten. Der Schritt ist verständlich, aber schade – und das nicht nur für Sammler.

Game-Shops hatten früher etwas Magisches. Regale voller Kartonboxen luden zum Stöbern ein. Selbst das gewöhnlichste Spiel kam in einer grossen Schachtel, in der locker zehn PS5-Spiele Platz hätten. Sie boten viel Platz für ein kreatives Cover und Beschreibungen auf der Rückseite. So eine Schachtel in der Hand zu halten, löste ein völlig anderes Gefühl aus, als die heutigen generischen Plastikhüllen.

Es glich einer Schatzsuche, besonders ausgefallene Verpackungen zu finden. Diese überdimensionierten Sondereditionen, die aus den Regalen herausragten, zogen die Augen neugieriger Gamer auf sich. Gewisse Designs, wie die rote Dämonenfratze von «Doom», werde ich nie vergessen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Nicht nur die Shops sind fast gänzlich verschwunden, Spielverpackungen werden immer kleiner. Seit neuestem enthalten sie nicht mehr mal das physische Spiel.

Das «Doom»-Cover unten links hat sich in mein Gehirn gebrannt.
Das «Doom»-Cover unten links hat sich in mein Gehirn gebrannt.
Quelle: reddit/deepfriedlies

Bethesda gab bekannt, dass das kommende Sci-Fi-Epos «Starfield» keine Disc mehr enthalte. Ausnahme ist lediglich die Xbox-Standard-Version. Die PC-Version und die Collectors Edition werden lediglich mit einem Download-Code verkauft. Das Game-Studio Remedy verzichtet bei «Alan Wake 2» gar komplett auf Discs. Grund sei, dass man so mehr Zeit habe, das Spiel zu optimieren. Discs werden in der Regel mehrere Monate vor Release gepresst.

Sieht so die Zukunft von Spieleverpackungen aus? Bitte, ignoriere den Staub.
Sieht so die Zukunft von Spieleverpackungen aus? Bitte, ignoriere den Staub.
Quelle: Philipp Rüegg

Die Verpackung ist Teil des Spiels

Auch wenn mein PC längst kein Blu-Ray-Laufwerk mehr besitzt, und es umwelttechnisch Sinn ergibt, geht mit dem Verzicht auf Discs etwas verloren. Zum einen macht der digitale Wandel das Archivieren von Spielen schwieriger. Zum anderen kannst du Games nicht mehr tauschen oder verkaufen. Bei Konsolen geht das derzeit noch. Ein irrationaler, aber emotionaler Grund, ist der Sammelaspekt. Wenn ich ein physisches Spiel kaufe, dann möchte ich eine Disc. Sonst fehlt mir etwas. Spieleverpackungen werden seit Jahren immer mehr kastriert.

Beim Mega Drive und Co. gab es noch was fürs Geld.
Beim Mega Drive und Co. gab es noch was fürs Geld.
Quelle: Philipp Rüegg

Bei meiner einwöchigen Retro-Diät ist mir das besonders krass aufgefallen. Mega-Drive-Spiele sind beispielsweise in herrlich, sperrige, schwere Hüllen verpackt. Das liegt nicht nur am Spielmodul, es gab auch immer ein hübsch gestaltetes Büchlein dazu. So war es auch bei PC-Spielen, die jahrelang meine Regale zierten. Vor dem Wechsel auf langweilige DVD-Hüllen habe ich sie mit Begeisterung gesammelt. Spiele auszupacken, war früher ein Highlight. Ich erinnere mich mit Freude an die dicken Mehrfach-CD-Hüllen. Da gab es noch richtig etwas anzufassen. Wenn heute ein einseitig bedruckter Werbeprospekt aus der Blu-Ray-Hülle fällt, ist es das höchste der Gefühle. Den langwierigen Installationsprozess und den CD-Wechsel vermisse ich hingegen nicht.

Wer eine Disc, Spielkarte oder gar eine VHS-Kassette möchte, muss zu Sondereditionen greifen.
Wer eine Disc, Spielkarte oder gar eine VHS-Kassette möchte, muss zu Sondereditionen greifen.
Quelle: Limited Run Games

Die Entwicklung ist nicht nur negativ. Der Kauf einer physischen Standard-Version verkommt zwar immer mehr zur Farce. Dafür gibt es vermehrt liebevoll designte Sondereditionen zu Spielen, die es bisher nur als Download gab oder lediglich in einer 0815-Plastikhülle daherkommend. Gut möglich, dass physische Spiele den Weg der Schallplatte gehen. Sie werden zum Sammlerstück. Die Disc dient nur noch als Zierde, die du bei ganz besonderen Spielen zusammen mit der Collectors Edition erhältst. Dafür werde ich auf meinem Regal immer Platz haben.

Titelfoto: Philipp Rüegg

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 

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