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Essential: One-Plus-Gründer kauft gescheiterten Smartphone-Hersteller
von Dominik Bärlocher
Es könnte ein Aprilscherz sein. Oder auch nicht. Nothing soll heute ein Smartphone vorstellen.
Ein Bild, ein kryptischer Teaser mit dem ikonischen Satz «One More Thing». Carl Peis Nothing verspricht, heute etwas vorzustellen, das unter Umständen ein Smartphone sein könnte. Aber ein Blick auf den Kalender zeigt, dass das alles nur Schall und Rauch sein könnte. Heute ist der 1. April, der Tag an dem Firmen und Menschen einander mehr oder weniger lustige Streiche spielen.
Doch Nothings Tweet zeigt mehr als nur einen Scherz. Es zeigt ein Bild. Damit und den paar spärlichen Fakten über das Nothing Phone (1) kann die Spurensuche beginnen.
Nothing hat sich auf seinem Twitter-Account geäussert. Die Firma kündigt ein langweiliges Phone namens Another (1) an.
Das ist ein Scherz. In Tat und Wahrheit kommt das Phone (1) im Sommer.
Im Bild ist eine URL versteckt. Sie führt zu einem Video:
Es lohnt sich, das Video auf Youtube anzusehen und die Description zu lesen.
Das hat Leser [Anonymous] auch in der Kommentarspalte entdeckt. Cheers!
Nur Minuten nach der Veröffentlichung des Artikels unten hat Leser Plon die Seite https://ch.nothing.tech/ entdeckt. Darauf kündigt Nothing das Another (1), also «noch (1)», an. Das Modell ist ein Aprilscherz. Was aber kein Scherz ist: Das Phone (1) heisst offiziell und wenig überraschend Phone (1) und kommt im Sommer.
Nothing schreibt auf ihrer Website, dass es «so sein wird, wie kein anderes Phone».
Nothing ist neu auf dem Markt. Die Marke hat im vergangenen Jahr ihr Erstlingswerk auf den Markt gebracht, die Nothing Ear (1). Die kabellosen Kopfhörer haben nicht nur durch ihren Preis beeindruckt, sondern auch mit ihrem transparenten Design. Schon kurz nach der Veröffentlichung hat die Weltöffentlichkeit gefragt: Und jetzt, was nun?
Da Firmengründer Carl Pei schon seit Beginn Nothings von einem Ökosystem spricht, ist klar, dass früher oder später ein Herzstück für besagtes Ökosystem kommen sollte: Ein Smartphone.
Es ist nicht bekannt, wann genau die Arbeit Nothings an einem Smartphone begonnen hat. Die Faustregel sagt, dass die Entwicklung eines Phones plusminus zwei Jahre dauert. Damit wäre Nothing im Februar 2021 bereits seit einem Jahr an der Arbeit gewesen. Das beisst sich etwas mit der Schlagzeile von damals, die sagt, dass Nothing sich alle Namensrechte und Patente der einstigen Smartphone-Firma Essential gekauft hat.
Ist es möglich, innerhalb eines Jahres ein gesamtes Smartphone auf Basis von ein paar Ideen und Patenten zu machen? Wahrscheinlich schon, aber einfach dürfte das nicht sein. Denn nicht nur muss das Phone erfunden werden, sondern es gilt auch, Supply Chains aufzubauen, Distributoren zu finden und Teile einzukaufen. Unter anderem. Die Herstellung eines Smartphones ist wesentlich komplexer als einfach nur «Ja, mir ist grad etwas langweilig, machen wir Smartphone».
Ein ambitionierter Unternehmer wie Carl Pei könnte das aber hinkriegen. Ausser Nothing hat schon länger gewusst, dass der Deal mit Essential zustande kommt und bereits mit der Entwicklung des Phones angefangen, bevor die Tinte unter dem Kaufvertrag trocken war.
Erste Anzeichen dafür hat es bereits im Oktober 2021 gegeben, als bekannt wurde, dass Nothing mit Qualcomm Geschäfte macht. Qualcomm stellt die Snapdragon Systems-on-a-Chip (SoC) her, die Flaggschiff-Smartphones antreiben.
Bereits im Oktober hat ein Leaker gesagt, dass das Nothing Phone – damals noch ohne Namen – im «Frühjahr 2022» auf den Markt kommen sollte. Der April findet jedes Jahr im Frühjahr statt, in der Regel gleich nach Ende März.
Es ist nicht die neueste Neuigkeit, dass das Phone im April vorgestellt wird. Dies habe ich bereits Anfang März vermeldet.
Weitere Informationen dazu gab es damals noch nicht, aber Spekulationen: Wird das Smartphone transparent wie die Kopfhörer?
Mit dieser Faktenlage ist nicht viel anzufangen, da wenig davon tatsächlich Fakten sind. Die Leaks sind verlässlich, aber halt nur Gerüchte. Doch mit dem Tweet vom 31. März hat Carl Pei neues Öl ins Feuer gegossen. Denn da ist ein Bild.
Mit dem Kauf Essentials, bei dem es «[nur um die Patente]» ging, kann davon ausgegangen werden, dass Nothing viel vom Design des Essential PH-1 übernehmen wird. Vor allem in Anbetracht der Zeit, die Nothing für die Entwicklung hatte. Zeit, einen Bildvergleich zu ziehen:
Die Ähnlichkeit wäre gesucht. Das Essential PH-1 hat unten keine Antennenstreifen, links den Speaker und rechts den SIM-Karten-Slot. Da ist aber ein Smartphone, das von unten dem Bild von Nothings Account ähnelt: Das iPhone 13 Pro Max:
Denk dir den Lightning-Adapter weg und ersetze ihn durch eine USB-C-Buchse. Voilà, das Bild. Der Scherz, sollte er denn einer sein, ist nicht einfach so «Höhö, feilen wir mal Apple an», sondern Teil der Strategie Nothings. Das Unternehmen will mit dem Nothing Phone (1) Apple Konkurrenz machen.
Und dann ist da noch ein Ding: Der Satz «(1) more thing», den Steve Jobs für Vorstellungen von Hit-Produkten verwendet hat.
Die Indizien sind da, für beides. Der Tweet könnte ein Aprilscherz sein. Der Tweet könnte aber auch der erste Blick auf das Nothing Phone (1) sein.
Warten wir ab, was die britische Marke Nothing tut: Entweder zeigen sie heute ein Smartphone oder sie machen… Nothing, also nichts.
Wir bleiben dran.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.