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Nokia 800 Tough: Nach 30 Sekunden tot, dann ging's ihm aber wieder besser

Das Nokia 800 Tough soll so hart im Nehmen sein, wie es das 3310 anno dazumal war. Ein Test zeigt: Vielleicht nicht. Aber zwei Schraubenzieher bringen die Wiederauferstehung.

Wer meine Artikel schon länger verfolgt, der weiss, dass ich Rugged Phones liebe. Keine Ahnung, wieso, aber jedes Mal, wenn ich so ein Ding in der Hand halte, freue ich mich. Mit Cat Phones gibt es immer einen Weitwurf, und einer der Standard Tests mit den Dingern ist das Über-den-Vorplatz-Kicken-Video.

So auch mit dem Nokia 800 Tough, das nicht so tough ist. Es sieht zwar so aus, aber Leser Giuseppe Centoducato hat dem Teil innerhalb von weniger als einer Sekunde den Garaus gemacht.

Das Nokia bitte was jetzt?

Das Nokia 800 Tough ist Nokias Vorstoss in die Welt der Rugged Phones. Und es gibt viele Gründe, warum das ganze ein Erfolg sein sollte. Erinnerst du dich noch ans Nokia 3310? Legenden besagen, dass daraus mittlerweile kugelsichere Westen gebaut werden. Und das Teil war anno dazumal gar nicht als Rugged oder Tough Phone gedacht. Das ist einfach unzerstörbar. Wenn dereinst das Universum endet, dann wird die scheinbar unsterbliche Katze meiner Kollegin den letzten Anruf in der Existenz mit einem 3310 machen. Es wird noch 78% Akku haben.

Das 800 aber ist explizit als «Tough» gebaut worden, will sich in eine Reihe mit den Phones aus dem Hause Bullitt stellen, die lizenzierte Cat- und Land-Rover-Phones herstellen. Es ist IP68 zertifiziert, für hohe und tiefe Temperaturen optimiert und soll easy Stürze auf Beton aushalten.

Unter der harten Schale gibt es viele Gründe, weshalb ein 800er-Phone gut klingt. KaiOS als schlankes, simples Betriebssystem bringt nicht nur Google Assistant und WhatsApp, sondern auch Snake. Eine 2-Megapixel-Kamera liefert Bilder und filmt Videos. Dazu ein Akku, der wohl tagelang hält. Ich werde das nie herausfinden.

Sprich: Hell yeah, Nokia Rugged Phone!

Und dann kommt Guiseppe

Ich filme vor dem Bürogebäude das Über-den-Platz-treten-Video. Giuseppe schaut zu und lacht. Wir kommen ins Gespräch und wir reden über die Sturzfestigkeit. Den Tritt über den Teer steckt das 800 auch easy weg, den Falltest aus der Hand sowieso. Die Rückenplatte wird etwas lose, aber die kannst du locker wieder reindrücken. Das Nokia 800 wird immer sympathischer.

Nach den ersten Tritten ist nur die Rückenplatte etwas verbogen
Nach den ersten Tritten ist nur die Rückenplatte etwas verbogen

Giuseppe und ich beschliessen, dass wir den Sturztest zum Wurftest machen. «Sollte gehen», meinen wir, dicht gefolgt vom fatalen «Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden».

Giuseppe holt aus.

Das Nokia 800 Tough fliegt.

Es prallt von der Betonwand ab, landet am Boden.

«Das fühlt sich so richtig gut an», sagt Giuseppe und beschreibt den Effekt, den Rugged Phones haben: Jahrelang haben wir uns jetzt daran gewöhnt, peinlichst darauf zu achten, dass unseren Phones nichts passiert. Jeder Fall ein Panikmoment, jeder Tropfen Wasser ein Grund zur Panik. Und einmal kann Giuseppe loslassen.

Nur, dass das Nokia 800 Tough nicht überlebt.

Es läuft noch, ja, Aber es ist nicht mehr bedienbar. Auf dem Bildschirm sehen wir das letzte Bild, das die Kamera aufgezeichnet hat. Die Wand.

Das Nokia 800 Tough läuft noch, reagiert aber nicht
Das Nokia 800 Tough läuft noch, reagiert aber nicht

Aber die Rückenplatte ist an der unteren linken Ecke lose geworden. Blöd ist aber, dass es nicht nur die Rückenplatte ist, sondern, dass die Platine wohl auch verbogen wurde. Verbogene Platinen sind generell nicht so eine coole Sache und der Funktion eines Smartphones generell abkömmlich.

Sprich: Es ist kaputt.

  • Zeitaufwand: 30 Sekunden.
  • Spassfaktor: Hoch.

Wird das Nokia 800 Tough seinem Ruf gerecht? Ja, eigentlich schon. Es braucht schon zwei Typen mit einer blöden Idee und etwas Kraft, um das Ding zu killen. Wo aber ein Wille ist, da ist ein Weg. Und der führt direkt in eine Betonwand.

Die Wiederauferstehung

Wieder im Büro komme ich irgendwie nicht um den Gedanken umher, dass das Tough eigentlich noch funktionieren müsste. Denn der Bildschirm leuchtet noch auf. Ich nehme also einen Schraubenzieher zur Hand – du brauchst im Laufe dieser Sache zwei Torx, TR6 und TR7 – und mache mich ans Schrauben.

Es stellt sich schnell heraus, dass die äussere Hülle nur eine Hülle ist. Im Innern des Geräts ist noch eine zweite Schicht verbaut, wo die Wasserdichtung ist. Wo diese bei anderen Phones ein Kleber ist, ist sie beim Nokia 800 eine separate Gummistrippe. Sofern alle Schrauben fest eingedreht sind und die Gummidichtung nicht gerissen ist, ist das Siegel dicht selbst nachdem du daran herumgeschraubt hast.

Die Dichtung des Nokia 800 Tough
Die Dichtung des Nokia 800 Tough

Im Kern des Phones dann die Ernüchterung nach dem nächsten Wow-Effekt. Es gibt nur ein Element, das nicht fix auf der Platine des Phones verbaut ist und ausgesteckt werden kann: Der Akku. Dieser ist verbogen und angeschwollen. Der ist hinüber. Vielleicht geht da noch was, aber ein Ersatz müsste her.

Der Akku ist verbogen und muss ersetzt haben
Der Akku ist verbogen und muss ersetzt haben

Gut, stecke ich den schnell mal aus und schliesse ihn wieder an.

Das Phone startet. Ich lache.

Here we go again. Das Phone läuft wieder. Die Rückenplatte und alles liegt noch auf dem Tisch
Here we go again. Das Phone läuft wieder. Die Rückenplatte und alles liegt noch auf dem Tisch

Genau das ist es, was Nokia ausmacht. Die Platine hat zwar einige Schrammen, danke Giuseppe, aber das Phone funktioniert noch. Du musst dir wirklich nur sehr wenige Sorgen um das Nokia 800 machen. Rein vom Aufbau her kann nur sehr, sehr wenig kaputt gehen, denn das Phone ist simpel gestrickt.

Wenn ich einen Ersatzakku bekomme, dann kann ich das Phone, abgesehen von einigen Kratzern aussen, vollständig wiederherstellen.

Gute Arbeit, Nokia.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

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