Noch nie von pinkelfreundlichen Velohosen gehört? Dann wird’s Zeit
Produkttest

Noch nie von pinkelfreundlichen Velohosen gehört? Dann wird’s Zeit

Cornelia Egli
11.11.2024

Als ich begann, Rennvelo zu fahren, dachte ich, es sei normal, dass ich auf der Toilette jeweils mein Jersey ausziehen muss, um meine Hose runterzulassen – wegen der Träger. Mittlerweile gibt es verschiedene «pee friendly»-Modelle, die das überflüssig machen. Das von Endura hat mich auf Anhieb überzeugt.

Oh nein, die Blase drückt schon wieder. Wars ein Kaffee zu viel vor der Abfahrt? Habe ich zu wenig von meinem isotonischen Getränk rausgeschwitzt? Gerade wenn die Temperaturen wieder sinken und man für den sonntäglichen Gravelride auf den Zwiebellook gesetzt hat, kommt so ein Harndrang, im schlimmsten Fall fernab jeglicher sanitären Anlagen, doch eher ungelegen.

Zumindest als Frau.

Eine Biopause sollte einen nicht dazu zwingen, einen Striptease hinzulegen, gerade wenns kühler wird und man mehrere Schichten anhat.
Eine Biopause sollte einen nicht dazu zwingen, einen Striptease hinzulegen, gerade wenns kühler wird und man mehrere Schichten anhat.
Quelle: Cornelia Egli

Als Mann gestaltet sich so ein «Bisihalt» ja in der Regel unkompliziert(er): hinter den Baum, Shorts vorne runterziehen, auspacken, laufenlassen. Zack, schon sitzt der Herr wieder fest im Sattel und schliesst locker die aufgegangene Lücke zum Peloton. Ich hingegen muss in die Knie gehen und meinen Hintern entblössen.

Das dauert. Und nervt.

Sich zusätzlich obenrum freimachen – nein, danke!

Bibshorts machen das Ganze noch kniffliger, denn das Jersey trägt man über den Trägern (Bibs). Das heisst, man muss sich zuerst der Oberbekleidung entledigen, um die Träger abzustreifen. Doch wenn ich mich in die Büsche schlage, will ich nicht auch noch Jersey, Jacke und allfälligen Regenschutz ausziehen müssen.

Weniger trinken, damit man seltener austreten muss, ist auch keine (gesunde) Lösung. Für euch probiert.
Weniger trinken, damit man seltener austreten muss, ist auch keine (gesunde) Lösung. Für euch probiert.
Quelle: Cornelia Egli

Zum Glück haben inzwischen einige Bekleidungshersteller dieses Problem erkannt und Hosen entwickelt, die hinten so geschnitten sind, dass man sie unter die Pobacken ziehen kann, während die Träger auf den Schultern bleiben. Erübrigt sich damit der Striptease oberhalb der Hüfte? Spoiler alert: ja, tatsächlich.

Hose hinten runterziehen: Achtung, nicht zu weit!

Ich habe mir die GV500 Reiver Bibshort des schottischen Outfitters Endura besorgt und deren DropSeat™-Technologie ausprobiert. Der Clou sind zwei gesplittete, hochelastische Stoffschichten, die Frau auseinander- und herunterzieht, während sie in die Hocke geht. Natürlich nicht bis zu den Knöcheln, so dehnbar ist das Material dann doch nicht, sondern nur so weit wie nötig.

So sieht das pinkelfreundliche Hosensystem von Endura aus: Ein Einsatz am Rücken aus zwei Stofflagen, die besonders elastisch sind.
So sieht das pinkelfreundliche Hosensystem von Endura aus: Ein Einsatz am Rücken aus zwei Stofflagen, die besonders elastisch sind.
Und so funktioniert DropSeat™: Mit den Daumen den Stoff im Kreuz teilen und den hinteren Teil der Hose einfach nach unten ziehen. Voilà.
Und so funktioniert DropSeat™: Mit den Daumen den Stoff im Kreuz teilen und den hinteren Teil der Hose einfach nach unten ziehen. Voilà.
Quelle: Cornelia Egli

Mit einem herkömmlichen elastischen Hosenbund käme man nicht einmal über den Steiss, ohne die Träger zu entfernen. Beim Modell GV500 Reiver (Englisch für Flusspirat) sind diese aber seitlich unter den Rippen angebracht. Deshalb stören sie nicht weiter, wenn man seinen Hintern aus dem Beinkleid aus Lycra schält.

Andere Lösungen für dasselbe Problem

Die DropSeat-Funktion von Endura gibts neu auch mit einem dehnbaren Reissverschluss statt der Stofffalte. Das mag praktisch sein in der Anwendung, aber was, wenn dieser aufgeht und man im Vorbeifahren allen sein Maurerdekolletée zeigt? Schliesslich trägt man (rsp. frau) ja nichts unter den Radlerhosen.

Andere Hersteller haben Träger am Start, die man, statt sie abzustreifen, aus- und wieder einhakt beim Austreten. Dazu gehören «bisiClick» von Assos und Rapha Detachable mit ihren magnetischen Schnallen über dem Allerwertesten respektive im Kreuz. Zu Beginn ist es etwas eine Fummelei, sie wieder zuzukriegen, aber mit etwas Übung ist es wie bei einem BH im Dunkeln die richtige Öse zu finden.

Doch ob mit Reissverschluss oder Schnallen, das Ziel ist dasselbe: Dass Frauen die Hose runterlassen können, ohne den Oberkörper freimachen zu müssen.

Tipp: Du ziehst Velohosen ohne Träger vor? Dann kaufe sie besser eine Grösse kleiner, damit sie nicht verrutschen, denn mit der Zeit leiern sie etwas aus. Bei Dreiviertel- und langen (Winter-)Hosen würde ich aber nicht auf Träger verzichten. Denn bei allem ergonomischen Design: Die Spannung am Knie beim Pedalieren zieht oft etwas am Stoff und das Sitzpolster ist nicht mehr ideal positioniert.

Fazit

Bequemes Raumwunder, das die WC-Pause vereinfacht

Neben dem auffälligsten Merkmal, dem Einschnitt am Rücken, der das «kleine Geschäft» wesentlich erleichtert, bietet die Endura Damen GV500 Reiver Bibshort etwas Typisches für Gravelhosen: viel Stauraum. Sie verfügt über zwei kleine Taschen an der Taille und zwei grössere an den Beinen. Nachteil: Keine verfügt über einen Klett- oder Reissverschluss, um Schlüssel oder Kleingeld zu verstauen. Die Träger sind atmungsaktiv und führen seitlich am Torso entlang, so dass sie nicht auf der Brust aufliegen, diese einklemmen oder daran reiben.

Entlang der Oberschenkel ist das Material zweilagig. Auch das ist ein klassisches Gravel-Feature und verhindert Schürfungen bei Stürzen. Die GV500 Reiver geht aber auf jeden Fall auch als Rennvelohose durch. Ein Silikonabschluss am Hosenbeinrand verhindert, dass sie verrutscht. Ein schockabsorbierendes Chamois aus medizinischem Elastomer in flüssiger Form kombiniert mit einem CVP-Schaumpolster schont den Schritt auch auf längeren Rides. «Liebe auf den ersten Sitz» verspricht Endura.

Pro

  • Elastisches Material und spezieller Schnitt für kurze Boxenstopps
  • Sitzpolster aus Elastomer-Gel-Mix auch für lange Touren geeignet
  • Nachhaltigkeitsversprechen: Endura pflanzt pro Kauf einen Baum

Contra

  • Viel Stauraum, aber keine der Taschen hat einen Reissverschluss

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Cornelia Egli
Freie Autorin

Gümmelerin und Birdwatcherin. Fan von Kleinstskigebieten. Stets auf der Suche nach dem perfekten Espresso.


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