

Nix für Trump-Fans: Das neue Buch von Michael Wolff «All or nothing»
US-Journalist Michael Wolff hat sich einen Namen als unautorisierter Trump-Biograf gemacht. «Alles oder Nichts – Donald Trumps Rückkehr an die Macht» ist bereits sein viertes Buch über die Polit-Karriere des neuen alten US-Präsidenten. Sie gefällt Trump gar nicht. Lesenswert ist der Blick auf die Trump-Kampagne allein wegen der zahlreichen Insider-Quellen aber allemal.
Seit Donald Trump 2016 gegen die Erwartungen der allermeisten Polit-Experten, Analysten und mutmasslich sogar gegen seine eigenen, die US-Präsidentschaftswahl gegen Hillary Clinton gewonnen hatte, sind die Trump-Biografien und -Analysen auf dem Fachbuchmarkt wie Pilze aus dem Boden geschossen. Historiker, Politologen, Journalisten – alle, die sich etwas intensiver mit US-Wahlen und Trump beschäftigt hatten, schrieben Bücher über die Person, die Partei, das System, den Wahlkampf. Später über die erste Präsidentschaft und die Abwahl mit dem Sturm aufs Kapitol als Abschluss. Und nun, nachdem Trump nach einem vierjährigen Unterbruch die erneute Wahl ins höchste Amt gelungen ist, wird das Comeback zum grossen Thema.
Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren, die sich seit 2016 mit den verschiedenen Phasen der Trump-Polit-Ära befasst haben, ist US-Journalist Michael Wolff. In drei Büchern hat sich der inzwischen über 70-Jährige mit Trumps erster Präsidentschaft, dessen Wahlkampf zur Wiederwahl 2020 und den letzten Tagen nach der Wahlniederlage auseinandergesetzt. Nun ist sein neues Buch erschienen: «Alles oder Nichts – Donald Trumps Rückkehr an die Macht» (im Original «All or nothing»).

Einblicke ins Innere, von Innen
Wolff beruft sich, wie schon in seinen drei früheren Büchern, allesamt Bestseller, auf eine Vielzahl von Quellen, die Donald Trump nahe stehen oder standen und Zugang zu Trump selbst und seinem Umfeld hatten, ja sogar dem inneren Kreis selbst angehörten.
Wolffs Geschichte beginnt im Frühjahr 2023. Donald Trump hat damals in seiner unnachahmlichen Manier auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social angekündigt, er werde demnächst verhaftet werden: «Will be arrested on Tuesday!». Eine Behauptung, für die es zu jenem Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte gab – und für die selbst in Trumps nächstem Umfeld kaum jemand auch nur das kleinste Verständnis aufbringen konnte.
In sieben Teilen und insgesamt 26 Kapiteln rollt Michael Wolff Trumps Weg zurück ins Weisse Haus auf. Als die «zweifellos wildeste und unvorhersehbarste [Präsidentschafts]Kampagne der US-Geschichte» bezeichnet Wolff Trumps Weg zurück ins Weisse Haus. Einen Fokus legt er etwa auf einige zentrale Figuren innerhalb der Trump-Kampagne. Wie Susie Wiles, die Kampagnenleiterin und inzwischen Stabschefin im Weissen Haus. Oder Boris Ephsteyn, Trumps zentralen juristischen Berater, der die Schnittstelle zwischen Trump und seinen ständig wechselnden Anwaltsteams war. Oder Elon Musk, den Multimilliardär, dessen Firmen zahlreiche Milliarden-Aufträge vom amerikanischen Staat haben und der inzwischen sogar eine zentrale Rolle in der Trump-Administration inne hat.
«Wolff’s new book is a total FAKE JOB»
Überraschend kommen die Geschichten über Trumps unkontrollierbare, emotionalen Ausbrüche längst nicht mehr. Alles, was nicht zu seinen Gunsten klingt, sind «Fake News». Wer sich negativ über ihn äussert, ist ein «Loser», «failed» oder ein «Fake job».
So verwundert es auch nicht, wie Trump auf die Publikation von «All or nothing» reagiert hat:
So-called ‘Author’ Michael Wolff’s new book is a total FAKE JOB, just like the other JUNK he wrote.
Tatsächlich ist diese Kritik nicht komplett unberechtigt. Dass Wolff seinen Quellen Anonymität zusichert, ist zwar völlig logisch, korrekt und angesichts der Umstände auch verständlich. Doch praktisch unbearbeitete Wiedergabe von Quellen-Aussagen, deren Echtheit und Glaubwürdigkeit die Leserschaft niemals kennen kann, lassen natürlich berechtigte Zweifel zu. Auch dass Wolffs Buch wenige Monate nach der Wahl erscheint, wirft ausserdem Fragen zur inhaltlichen Genauigkeit der Geschichten auf. Allzu genaue Checks und Double-Checks scheinen meiner Einschätzung nach in so kurzer Zeit für ein Fast-400-Seiten-Buch nicht immer möglich gewesen zu sein.
Dennoch dürfte Wolff auch mit seinem vierten Trump-Buch ein Bestseller gelungen sein. Zu brisant, chaotisch, manchmal fast absurd unglaublich die Geschehnisse, die sich jetzt und die kommenden vier Jahren rund um Trump und seine Entourage entfalten dürften. Zu spannend und verlockend die Chance, einen extrem nahen und detaillierten Einblick in dieses Polit-Spektakel werfen zu können. Die eine oder andere historische Ungenauigkeit oder Überspitzung um der Story willen, wird der Begeisterung auf der einen und der Entrüstung auf der anderen Seite keinen Abbruch tun – im Gegenteil.
Und hier für die Trump-Fans, die der Wolff-Perspektive gar nichts abgewinnen können:
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Weltenbummler, Wandersportler, Wok-Weltmeister (nicht im Eiskanal), Wortjongleur und Foto-Enthusiast.