Meinung
Schon wieder!? Netflix will die Preise erhöhen – und niemand weiss, wieso
von Luca Fontana
Netflix will die Preise indirekt erhöhen, indem es das Basis-Abo in Zukunft einstellt. Eine geschickte Strategie: Sie soll möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer dazu bewegen, aufs werbeunterstützte Abo zu wechseln.
Bei Netflix sind im vierten Quartal 2023 erneut die Umsätze und die Anzahl Abonnements gestiegen. Nun will der Streaming-Gigant auch die Preise erhöhen – zumindest indirekt. Das geht aus dem aktuellen Quartalsbericht hervor.
Konkret: Das bisher günstigste Basis-Abo, das in der Schweiz 11.90 Franken pro Monat kostet, soll in Ländern gestrichen werden, die bereits das werbeunterstützte Abo eingeführt haben. Den Start machen Kanada und das Vereinigte Königreich im zweiten Quartal 2024. Wann das Basis-Abo auch in der Schweiz und in Deutschland gestrichen wird, ist noch nicht bekannt.
Die Logik hinter der Streichung des Basis-Abonnements ist einleuchtend: Weil der Streaming-Gigant mehr Einnahmen aus Werbekunden generiert, sollen möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer zum werbeunterstützten Abo bewegt werden. Wenn Netflix den Basis-Tarif einstellt, erhöht sich so die Kluft zwischen dem werbeunterstützten und dem günstigsten werbefreien Abo. In der Schweiz wäre dies dann neu das Standard-Abo für 18.90 Franken im Monat.
Naheliegend ist, dass die heutige Basis-Abo-Kundschaft eher zum günstigeren statt zum teureren Tarif wechseln würde, auch wenn dies bedeuten würde, dass Netflix nur noch mit Werbeunterbrechungen geschaut werden kann. In den USA kostet das werbeunterstützte Abo 6.99 Dollar pro Monat. In Deutschland 5 Euro. Egal wie sich die Abonnentinnen und Abonnenten entscheiden: Am Ende verdient Netflix mehr pro Abo, ohne direkt die Preise erhöht zu haben.
Das ist aber noch nicht alles. Das Basis-Abo kann in jenen Ländern, die das werbeunterstützte Abo eingeführt haben, bereits seit letztem Herbst nicht mehr neu gebucht werden. Darunter Kanada, das Vereinigte Königreich – und auch Deutschland. Das lässt darauf schliessen, dass Netflix mit dem Entscheid, das Basis-Abo in Zukunft nicht mehr anbieten zu wollen, jetzt auch Bestandskunden meint, nicht mehr nur Neukunden.
Ob Netflix mit seinen Rekordgewinnen solche (versteckte) Preiserhöhungen überhaupt braucht, ist mehr als strittig. Klar ist aber, dass Netflix mit seinem rapiden Wachstum zunehmend auch für traditionelle Fernsehsender zur Bedrohung wird.
Im letzten Quartal etwa verzeichnete der Streaming-Marktführer einen Zuwachs von 13 Millionen Kundinnen und Kunden. Damit zählt Netflix nun 260,3 Millionen Abonnements weltweit. Getragen von diesem Erfolg wagt sich das kalifornische Unternehmen indes ernsthaft ins Live-Entertainment: Die wöchentliche Wrestling-Show «Raw» von World Wrestling Entertainment (WWE) wechselt nach 30 Jahren im linearen Fernsehen zu Netflix.
Um diese Partnerschaft zu besiegeln, investiert Netflix beeindruckende fünf Milliarden Dollar in WWE-Programme. Obwohl die finanziellen Details des Deals nicht öffentlich bekannt gegeben wurden, berichtet der Finanzdienst Bloomberg, dass Netflix sich dazu verpflichtet hat, diese Summe über einen Zeitraum von zehn Jahren bereitzustellen.
Die Vereinbarung verdeutlicht die Verschiebung der Gewichte im TV-Geschäft zugunsten von Streaming-Diensten. Die US-Sendergruppe NBC verliert schliesslich einer seiner zuverlässigsten Quoten-Treiber, der hohe Zuschauerzahlen und Werbeeinnahmen generierte. Dazu kommt, dass Sport immer noch einer der Hauptgründe für amerikanische Verbraucherinnen und Verbraucher ist, sich ein kostspieliges Kabel-TV-Abo anzuschaffen.
Umgekehrt hofft die Wrestling-Liga, durch die weltweite Reichweite von Netflix eines Tages auch weit ausserhalb Amerikas an Popularität zu gewinnen. Noch gilt der Deal nämlich nur für Nord- und Südamerika sowie das Vereinigte Königreich. Gleichzeitig ist sich Netflix-Co-Chef Ted Sarandos sicher, dass die Werbe-Dollar den WWE-Sendungen auf seine Plattform folgen werden – gerade dank dem werbeunterstützten Abomodell.
Titelbild: Luca Fontana.Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»