NAS unterwegs: Der Review-Rundumschlag zur Synology App Suite
Network Attached Storage ist nicht nur vom PC oder Mac aus zugänglich. Hersteller haben für praktischen jeden Use Case eine App entwickelt. Der Blick auf die Apps Synologys zeigt: Nicht immer haben sich die Konzerne Mühe gegeben, oder besonders viel nachgedacht.
Wenn du auf deinem NAS Daten abspeicherst, dann hat das gegenüber einer Cloud vor allem den Vorteil, dass du die Datenhoheit nicht abgibst. Kein Grosskonzern, der irgendwie mal meint, seine AGB ändern zu müssen, oder dessen Sicherheitsvorkehrungen mal einfach umgangen werden, kann mit deinen Daten interagieren. Schön.
Das Problem: Du kannst nicht von überallher auf deine Daten zugreifen. Denn NAS – grosse Festplatten, die an deinem Netzwerk hängen – sind traditionellerweise «so PC-Dinger». Clouds sollen die ganze Veranstaltung endlich auf deine Mobilgeräte bringen. Die Apps für mein Synology DS1817+ gehören zu einem Fixum auf meinem Phone, da ich öfter mal mit Daten hantiere, mit denen ich Google, Apple und Dropbox nicht traue. Für diesen Artikel aber will ich exemplarisch Biathletin und Jungjournalistin Vivienne Sommer Daten zusenden.
Natürlich haben NAS-Hersteller das erkannt. Daher haben Hersteller wie Synology mobile Apps entwickelt, die ihren Usern den Sprung von Windows, macOS oder Linux auf Android oder iOS ermöglichen. Diese Apps sind simpel gehalten, nach Funktion aufgesplittet und halten die Funktionalität schlank. Dafür muss auf dem NAS ein Gegestück zur mobilen App laufen, damit diese funktioniert.
DS File: Das Must-Have
DS File (Android und iOS) ist für Synology NAS User die einzige App, die du wirklich brauchst. Nicht, dass die anderen Apps alle Müll sind, aber wenn du an der so Bitzli Cloud haben willst, dann ist das die eine App, die du brauchst.
DS File übernimmt die Funktion der File Station auf deinem NAS. Du kannst damit deine Daten auf dem NAS verwalten, sie herunter- und hochladen.
Das beste Feature: Dateien teilen
Wirklich praktisch ist die Datenverwaltung nicht. Das Feature, das ich mit Abstand am meisten nutze, ist die Datenteilung. Angenommen, ich will ein Foto Vivienne an sie senden. Ich habe drei Möglichkeiten.
- Ich mache ihr einen Account auf dem NAS
- Ich nutze die Option «Send Copy»
- Ich schicke ihr einen öffentlichen Link
Beim öffentlichen Link kann ich die Gültigkeitsdauer des Links festsetzen. Das ist ein Attribut, das ich jedem bei jedem Sharing-Vorgang empfehle. Denn Vivienne wird ihr Bild wohl in den nächsten 24 Stunden ansehen wollen. Daher bringt es mir nichts, wenn ich den Link unbegrenzt gültig mache. Zudem kann ich mir sicher sein, dass ein allfälliges Datenleck spätestens nach 24 Stunden geschlossen wird, sollte ich es nicht vorher bemerken.
DS Photo: Hübsch aber umständlich
DS Photo (Android und iOS) ist eine abgespeckte Version von DS File, sieht aber hübscher aus.
Die App konzentriert sich nur auf Fotos und andere Dateien, die du auf dem NAS in der NAS App Photo Station abgelegt und in Alben organisiert hast.
Das Feature: Bilder ansehen
DS Photo ist dann am nützlichsten, wenn du Bilder auf deinem Phone oder deinem Tablet ansehen willst. Die Galerieansicht ist schick, aber in Punkto User Experience hat sie gegenüber DS File das nachsehen. Es sind zu viele Klicks nötig, wenn du ein Bild teilen willst. Beide Optionen zum Sharing, die du aus DS File kennst – Kopie senden oder Link verschicken – sind in DS Photo enthalten.
Trotzdem, mit DS File ist das einfacher, da die Optionen weniger gut versteckt sind. In DS Photo sind die Optionen alle oben rechts im Dreipunkte-Menü versorgt.
die Teilen-Option ist gut verstecktDS Video
Mit DS Video (Android und iOS) will Synology dem grossen und offenen Konkurrenten Plex das Leben schwer machen. Native Apps sind in der Regel besser geeignet, um Medien auf einem Speicher zu interpretieren, aber hier verliert DS Video. Denn wo Plex nicht auf dem Speicher laufen muss, auf dem die Daten gespeichert sind, muss sich DS Video auf die Ressourcen des NAS verlassen.
Da das Synology DS1817+ aber nur eine 2.4GHz Quad Core CPU und 8GB RAM verbaut hat, ist das zu wenig, um eine Videostreaming-Plattform zu betreiben. Plex kann auf einer anderen Maschine laufen, die mit besseren Specs daherkommt – einem NUC, zum Beispiel – und muss sich nur auf die Geschwindigkeit des Netzwerks verlassen.
Alleine die Populierung der Filmliste auf dem NAS dauert viel zu lange. Unter Plex geht das auf dem NUC etwa 30 Sekunden. Auf dem NAS mit der NAS-App Video Station dauert das mehr als 15 Minuten.
Daher: Überspring die App. Wenn du Videodateien streamen willst, dann schnall einen NUC vor das NAS und arbeite mit Plex.
DS Audio: Je nach dem, gut oder schlecht
DS Audio (Android und iOS) hat vor allem ein Problem: Die User Experience. Okay, und dann ist da noch die Sache mit Spotify, Deezer, Tidal und Co. Denn wer einen Streaming Account hat – wer hat den noch nicht? – der wird DS Audio nie brauchen.
Der Look der App hilft auch nicht, vor allem nicht der leere Home Screen, der dich so lange begrüsst, bis du dir deine Favoriten festpinnst. Ein Vergleich: Sieh dir Spotify an.
Du hast eine bunte Auswahl aus automatisch zusammengestellten Mixes, deinen liebsten Alben und irgendwelchem Zeug, das du eh nie brauchen willst. Gähnende Leere setze ich nicht mit Musikgenuss gleich.
Die User Experience wird dadurch verschlimmert, dass du deine Musik zwingend in einen ganz bestimmten Ordner hochladen musst. Das ist etwas, das direkt aus den 1990ern stammt. Und es ist nicht so, dass Synology das nicht wüsste, denn unter DS Video kannst du den Ordner mit deinen Videos frei wählen.
Das Sharing Feature ist ebenfalls etwas seltsam, denn du kannst nur einen Link zum Lied versenden. Und der ist ein sogenannter «Link from Hell». Er ist geschlagene 245 Zeichen lang. Da nutze ich lieber DS File, wo die Links unter 20 Zeichen kommen und dann auch noch Sharing Options bieten. Dazu sind die Links aus DS File noch zumindest teilweise anonymisiert, sollte der Link jemals nach draussen kommen. DS Audio hingegen schickt deine QuickConnect ID und einen Port mit. Nicht besonders elegant.
Wenn du deine Musik an den richtigen Ort getan hast, dann geht das alles ganz flugs. Playback ist gut und solide. Du kannst sogar Musik auf deine Multiroom Speaker streamen.
Fazit: Solide, um Musik abzuspielen, heikel in der Bedienung und eine Katastrophe, wenn es um Sharing geht.
DS Finder: DSM unterwegs
DS Finder (Android und iOS) ist dazu da, den Zustand deines NAS von unterwegs zu überprüfen. Du kannst allerlei Statistiken deines Geräts einsehen und das ist schon alles. Wenn du unterwegs wissen willst, wie viel Speicher du noch hast, oder wie gesund deine Platten sind, dann ist das die App für dich. Funktionen bietet die App aber keine.
Richtig gut wird die App unter dem Menüpunkt «DSM Mobile», denn dort kannst du die Einstellungen deines NAS von unterwegs verwalten. User, Permissions und Services. Updates, Groups und Logging. Das mag ich. Ich kann Vivienne einfach einen Account schustern und sie kann dann den Song, den ich ihr von DS Audio aus nur als 245-Zeichenmonster habe schicken können selbst runterladen. Die Account-Erstellung ist zwar auf der Desktopversion einfacher, aber wenn es sein muss, dann ist die App praktisch, gradlinig und erledigt den Job.
Einzig nerviger Aspekt: Wenn du auf «Zurück» klickst, landest du immer auf dem Home Screen und nicht auf dem Screen, von dem du gerade gekommen bist.
Fazit: Auf den zweiten Blick richtig nützlich.
DS Cloud: Die App, die ich nicht verstehe
DS Cloud (Android und iOS) ist eine seltsame App. Ich verstehe nicht, warum sie existiert, wenn wir grossartige Apps wie DS File haben. Klar, DS Cloud synchronisiert Daten vom Smartphone zum NAS automatisch, aber ich muss trotzdem auf dem mobilen Gerät die Datei in einen Ordner schieben. Da kann ich die Datei geradesogut mit DS File in den NAS Ordner schieben.
Fazit: Eine App, die die Welt nicht braucht. Aber das Wort «Cloud» klingt sicher gut im App Portfolio.
DS Drive: Und es geht doch
Zum Schluss die nützliche Version von DS Cloud: DS Drive, auch Synology Drive genannt (Android und iOS). Ebenfalls gut im Portfolio des Apps. Irgendwelche Marketingleute bei Synology freuen sich sicher über die tollen Buzzwords, die sie benutzen können. Doch die App ist sehr nützlich, sieht schick aus und hat Macht. Sie synchronisiert Daten zwischen deinem NAS und deinem Phone, kann die Dokumente unter Synology Docs – ich nenne das Pendant zu Google Docs auf dem NAS jetzt mal so – bearbeiten und Daten mittels einem Klick hochladen. Zudem ist die App schneller als DS Cloud, hat modernere Menüs und auch die Sharing Options kommen mit allen Features daher, die du von DS File her kennst.
Das nenne ich mal gute Arbeit.
Die Synology App Suite ist mal mehr, mal weniger gut, aber wenn diese kleine Tour durch die Apps des Herstellers eines bewiesen hat, dann dass dein NAS nicht mehr nur «so ein PC Ding» sein muss.
So. Fertig. Ich mach mich jetzt an die Deinstallation der Müll-Apps und nutze die Guten. Viel Spass.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.