Mermaiding: Was ist dran am Meerjungfrauen-Hype?
Hintergrund

Mermaiding: Was ist dran am Meerjungfrauen-Hype?

Siri Schubert
30.1.2025

Ich bin ein absoluter Wassermensch. Ich liebe Schwimmen, Tauchen, Stand-Up-Paddeln, Kajakfahren. Den Meerjungfrauen-Trend habe ich bisher allerdings mit Skepsis beobachtet. Zu viel Glitter, zu wenig Sport, dachte ich. Bis ich es selbst ausprobierte.

Ich stehe fröstelnd am Tauchbecken auf der internationalen Bootsmesse «Boot» in Düsseldorf. Meine Haare und mein Bikini sind bereits nass von der Freitauch-Session, die ich kurz zuvor geniessen durfte.

Beim Mermaiding habe ich gemischte Gefühle. Einerseits liebe ich es, unter Wasser zu sein. Andererseits habe ich bisher kein Bedürfnis verspürt, mich in eine Meerjungfrau, ein Einhorn oder ein anderes Fabelwesen zu verwandeln. «Ist das nicht eher was für Kinder?», frage ich mich.

Während ich grüble, steht Instruktorin Melli (Melanie Drygalla) von der Mermaid Kat Academy vor mir und den beiden anderen – ebenfalls erwachsenen – Teilnehmerinnen des Schnupperkurses.

Die Verwandlung in ein Wasserwesen

Ruhig und klar erklärt sie, worauf wir im Wasser achten und wie wir die Flosse anziehen sollen. Nämlich im Sitzen, da die Monoflosse beide Füsse aneinander fixiert. Für das Gehen und Stehen an Land ist sie absolut ungeeignet.

Jetzt fehlt nur noch der Tail, das bunte schimmernde Stoffteil, das ich mir wie eine Strumpfhose über Flossen, Beine und Hüften ziehe. Halb im Sitzen, halb im Liegen robbe ich unbeholfen die wenigen Meter zum Pool. Wie ein Landlebewesen fühle ich mich nicht mehr.

Umso schöner ist es, mit der Flosse in einer Wellenbewegung durchs Wasser zu gleiten. Vom Messetrubel um mich herum ist nichts mehr zu spüren. Ein kurzer Ausflug in eine andere Welt, in der sich Fabelwesen tummeln. Ich bin entspannt. Verzaubert.

Das Tauchen mit der Flosse fällt mir leicht, was sicher auch daran liegt, dass ich schon einiges an Apnoe-Erfahrung mitbringe. «Für Leute, die das Wasser lieben, ist es etwas Tolles», weiss auch Instruktorin Mellie, die häufig Kurse für Erwachsene gibt. Teamevents, Firmenfeiern und Geburtstage sind darunter. Neben Mermaids tummeln sich vermehrt Mermen, also Männer, im Wasser.

Was mich überrascht? Dass auch Menschen mit Wasserängsten Mermaiding-Kurse buchen. «Ein Foto von sich selbst als Mermaid zu haben, ist für viele die Motivation, die Angst zu überwinden, selbst wenn sie auf dem Foto unter Wasser die Augen geschlossen haben», erklärt Mellie.

Selbst Tauchverbände setzen auf den Trend

Der Reiz des Mermaidings scheint grosse Kreise zu ziehen. Nicht nur Kinder mit Arielle-Träumen, sondern zunehmend auch Erwachsene mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zieht es in seinen Bann. Merman Andy ist ein Instagram-Hit mit mehr als 100000 Followern und einer der Stars der Netflix-Dokumentar-Serie Merpeople.

Dass die Fantasiewelt der Fabelwesen auch cold hard cash bringt, überrascht nicht. Der Umsatz für die schillernden Flossen aus Nylon oder Silikon erreichte nach Berechnungen des Marktforschers Business Research Insights 2024 rund 180 Millionen USD (163 Millionen CHF, 173 Millionen Euro). Bis 2032 sollen es 330 Millionen USD (298 Millionen CHF, 317 Millionen Euro) sein.

Die USA hat den aktuell grössten Marktanteil, doch Europa holt auf. In Deutschland, Frankreich und Grossbritannien soll die Nachfrage nach Mermaid-Flossen in den kommenden Jahren signifikant steigen.

Einsteiger-Flossen mit Tail sind für unter 100 Franken zu haben. Doch Top-Performer legen für kunstvolle Silikon-Modelle nach Mass mehrere tausend Franken, Euro oder Dollar hin.

Fantasievoll gestaltete Tails sind zunehmend Big Business.
Fantasievoll gestaltete Tails sind zunehmend Big Business.
Quelle: Shutterstock

Die Tatsache, dass selbst die grossen Tauchverbände Padi und SSI Mermaiding-Kurse anbieten, zeigt ebenfalls, dass das Tauchen mit glitzernden Flossen aus einer kleinen Nische heraus geschwommen ist.

Mermaiding und Modelling erfordern mentale und körperliche Stärke

Selbst wenn ich vom Kopf her nicht ganz verstehe, warum es mich so begeistert, im Meerjungfrauenkostüm durchs Wasser zu schweben – emotional hat es mich gepackt. Und ich merke schnell, dass es ziemlich herausfordernd ist. Vor allem, wenn noch Fotos ins Spiel kommen. Von wegen wenig Sport und viel Glitter.

Die Luft anhalten, abtauchen, sich in Pose werfen, bei der mein Arm nicht das Gesicht verdeckt, die Augen offen halten und dabei in Richtung Kamera schauen, ist anspruchsvoll genug. Sich dabei noch so langsam zu bewegen, dass die Haare nicht nach vorne schwappen und das Gesicht verschleiern, ist noch mal härter. Und unter Wasser zu modeln, ist eine ganz andere Nummer.

Ein paar Meter durch den Pool zu tauchen ist eine, unter Wasser zu modeln, eine ganz andere Sache.
Ein paar Meter durch den Pool zu tauchen ist eine, unter Wasser zu modeln, eine ganz andere Sache.
Quelle: Shutterstock

Mermaid Julianna (Julianna Grid) kann das bestätigen. Sie arbeitet als Mermaid und Unterwasser-Model. «Du musst wirklich fit im Apnoe-Tauchen sein und deine Atmung und deinen Herzschlag kontrollieren können», sagt sie. Dazu trainiert die 25-Jährige mehrmals wöchentlich im Becken oder Freiwasser.

Für mentale Stärke und Beweglichkeit praktiziert sie intensiv Yoga. Für Kraft stehen Kreuzheben, Bankdrücken und Squats mit Gewichten im Fitnessstudio auf dem Programm.

Teamwork für das perfekte Bild

Die körperliche und geistige Fitness sei nötig, um die Herausforderungen, die das Unterwasser-Modelling mit sich bringt, zu meistern, erklärt sie mir im Gespräch auf der «Boot». Dazu gehört Kälte, denn anders als Apnoe-Taucher und -Taucherinnen tragen Models kein Neopren.

Schwierig zu händeln sind auch Strömungen, die hohe Körperbeherrschung erfordern, um in der Schwerelosigkeit an Ort und Stelle zu bleiben. Zudem machen brennende Augen durch Salz-, Chlorwasser und Sand sowie die unvermeidlichen, aber unangenehmen Nasenduschen den Models zu schaffen.

Trotz den vielen Herausforderungen alles easy und entspannt aussehen zu lassen, setzt Erfahrung und ständiges Training voraus. Warum sie es dennoch liebt? «Wenn ich die Bilder sehe, geht mir das Herz auf», antwortet Julianna ohne Zögern.

Auf den Fotos sind die Models meist solo zu sehen, doch hinter den Aufnahmen steckt Teamwork. Neben Model und Unterwasserfotografin sind mindestens eine Sicherheitstaucherin, ein bis zwei Schnorchlerinnen zur Sicherheit an der Wasseroberfläche, eine Koordinatorin und eine Bootsfahrerin nötig.

Mermaids tauchen auch in Schweizer Seen

Während das Mermaiding meist im Pool beginnt, sind Meerjungfrauen zunehmend im offenen Wasser zu sehen. In Schweizer Seen beispielsweise Cindy Guyot, Gründerin von Métisphère, die Semester-Kurse im Apnoe-Tauchen und Mermaiding anbietet.

Inzwischen ist meine Schnupper-Session zu Ende. Ich habe einen winzig kleinen Einblick in die Welt der Meermenschen bekommen. Und hätte nie gedacht, dass mich das Mermaiding so begeistert. Ich bin mir sicher, das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich mit schillernder Flosse und angehaltenem Atem untertauche.

Wenn dich das Mermaiding interessiert, findest du eine Auswahl von Monoflossen und Mermaid-Tails in unserem Sortiment. Hier drei Modelle, die mir besonders gut gefallen.

Fin Fun Mermaidens Lunar Tide Erwachsene
Flossen

Fin Fun Mermaidens Lunar Tide Erwachsene

Fin Fun Meerjungfrau Mermaidens
Flossen
EUR83,90

Fin Fun Meerjungfrau Mermaidens

Fin Fun Mermaidens Kinder (L/XL)
Flossen
EUR72,75

Fin Fun Mermaidens Kinder

L/XL

Fin Fun Mermaidens Lunar Tide Erwachsene

Fin Fun Mermaidens Lunar Tide Erwachsene

Fin Fun Meerjungfrau Mermaidens
EUR83,90

Fin Fun Meerjungfrau Mermaidens

Fin Fun Mermaidens Kinder (L/XL)
EUR72,75

Fin Fun Mermaidens Kinder

L/XL

Titelbild: Jens Drygalla

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


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