Konkurrenz für kosmische Quantenmixer
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Konkurrenz für kosmische Quantenmixer

Schwarze Löcher sind die ultimativen «Quantenmixer» – doch sie bekommen Konkurrenz! Selbst einfache chemische Reaktionen können Information ähnlich effektiv vernichten.

Wenn Information den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs überschreitet, ist sie verloren: Binnen kürzester Zeit wird sie mit der übrigen Quanteninformation dort verschränkt und über das gesamte Schwarze Loch «verschmiert». Die Schwerkraftmonster gelten als die schnellsten und effizientesten «Quantenmixer» des Universums. Nun aber zeigt sich, dass ihnen viel einfachere Systeme Konkurrenz machen.

Wie ein Team um Peter G. Wolynes von der Rice University in Houston nun berichtet, kann Information in chemischen Reaktionen fast ebenso schnell verloren gehen wie beim Überschreiten eines Ereignishorizonts. Ein exotischer Quanteneffekt, das «Tunneln», mache plötzlich enorme Mengen zufälliger Quantenzustände möglich, schreiben die Fachleute in der Fachzeitschrift «PNAS». Dadurch könnten Informationen binnen Bruchteilen von billionstel Sekunden vernichtet werden.

Mit theoretischen Berechnungen hat die Arbeitsgruppe untersucht, wie sich diese Quanteninformation während der Reaktion verhält. Das ist eine wichtige Fragestellung der physikalischen Chemie: Durch die Zustände der beteiligten Moleküle kann man chemische Reaktionen steuern. Quantenmechanisch betrachtet ist eine Reaktion keine Abfolge von eindeutigen Zuständen, sondern stellt vielmehr eine ganze Landschaft von Zuständen dar, die mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten eingenommen werden können. Die Quanteninformation der Ausgangsmoleküle steckt quasi in diesen Wahrscheinlichkeiten.

Unter bestimmten Umständen wird die vergleichsweise überschaubare Landschaft der Zustände und ihrer Wahrscheinlichkeiten schlagartig zu einem unüberschaubaren Universum von Möglichkeiten. Das passiert, wenn ein chemisches System kalt und langsam genug ist, so dass es «tunneln» kann. Das bedeutet: Es wechselt zwischen zwei Zuständen, auch wenn es eigentlich nicht genug Energie für diesen Übergang besitzt. In der Quantenmechanik können auch solche «unmöglichen» Übergänge mit einer geringen Wahrscheinlichkeit ablaufen. Passiert das, wird die Quanteninformationen über den Ausgangszustand, ganz ähnlich wie im Schwarzen Loch, mit der theoretisch höchstmöglichen Geschwindigkeit über das gesamte System verschmiert.

Das passiert aber nicht immer – anders als bei Schwarzen Löchern hängt der Vorgang stark von den Umständen ab. Wenn eine Reaktion in einem grossen und komplexen System stattfindet, zum Beispiel in Wasser, dann dämpft das Umfeld den Effekt. Man ist in der Chemie daher dem Informationsverlust keineswegs hilflos ausgeliefert. Wie weit die Information im Verlauf einer chemischen Reaktion bewahrt wird, lässt sich prinzipiell steuern – und damit auch, wie gut sich chemische Prozesse kontrollieren lassen und wie effektiv man die gewünschten Produkte erhält. Auch das ist ein Unterschied zum Schwarzen Loch: Wenn man in eines hineinfällt, führt das immer zum gleichen Ergebnis – ob erwünscht oder nicht.

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Titelbild: Shutterstock / vchal

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