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1200 W
Weil Gas teurer geworden ist, stellt sich die Frage nach Alternativen zum Heizen zuhause. Heizlüfter sind jedoch in den wenigsten Fällen eine gute Wahl – aus mehreren Gründen.
Winter is coming. Heizen mit Gas ist teuer. Und Strom sollen wir auch sparen, so das Gebot der Stunde. Bitterlich frieren wollen wir alle trotzdem nicht in unseren Häusern und Wohnungen. Und vielleicht hast du dir schon die Frage gestellt, wie du es in deinen vier Wänden am günstigsten warm hast.
Damit bist du nicht allein. Suchbegriffe wie «heizen mit kerzen» oder «gas heizung alternative» trenden bei Google. Auch unser Category Management meinte es wohl gut und hat kürzlich als Tagesangebot einen Keramikheizlüfter ins Schaufenster gestellt. Das wurde von einigen auch heftig kritisiert. Zurecht?
Die Frage ist, ob Heizen mit einem Heizlüfter effizienter ist als mit Gas. Dazu musst du erst einmal wissen, wie viel Heizleistung nötig ist, um einen Quadratmeter Wohnfläche effektiv zu erwärmen. Angaben dazu schwanken stark, der Wert hängt von mehreren Faktoren ab, etwa, wie gut die Wohnung isoliert ist oder wie hoch die Zimmerdecken sind. Aber irgendetwas zwischen 50 und 100 Watt sind es. Willst du also zum Beispiel ein Wohnzimmer mit 25 Quadratmetern beheizen, braucht der Heizlüfter mindestens 1200 Watt Leistung. Für die kleine Berechnung habe ich eine Heizleistung von 50 Watt pro Quadratmeter angenommen.
Willst du es jetzt für einen Filmabend drei Stunden lang warm haben, zieht das Gerät drei Stunden lang 1200 Watt, sodass am Ende 3600 Wh oder 3,6 kWh Verbrauch auf deinem Stromzähler stehen. Bei solchen Berechnungen wird davon ausgegangen, die Temperatur von 16 auf 20 Grad bringen zu müssen.
Den Preis der 3,6 kWh aus obigem Beispiel zahlst du an deinen Stromanbieter. Die Eidgenössische Elekrizitätskommission rechnet in der Schweiz für 2023 mit einem Medianpreis von 27 Rappen pro Kilowattstunde pro Kilowattstunde. In Deutschland liegt der Strompreis bereits 2022 bei über 37 Cent, in Österreich auf sehr ähnlichem Niveau. Du musst also für deinen beheizten Filmabend Stromkosten von 97 Rappen kalkulieren, Filmfans in den Nachbarländern zahlen 1,33 Euro.
Was kostet es, wenn du auf einen Heizlüfter verzichtest und wie immer die Gasheizung laufen lässt? Wichtig für die Vergleichsrechnung: Egal, ob du mit Strom und Heizlüfter oder mit Gas einen Raum erwärmst, du brauchst die gleiche Energie. Auch deine Gasrechnung lautet auf kWh. Der Gaspreis steigt nun zwar seit einiger Zeit deutlich, aber er liegt immer noch unter dem von Strom. In der Schweiz kostet die kWh Stand September 2022 knapp 15 Rappen, in Deutschland sind es derzeit etwas über 20 Cent, allerdings lagen sie vor ein paar Wochen auch schon bei knapp 40 Cent. Ähnlich ist die Lage in Österreich.
Je nach Gemeinde können auch die Gaspreise stark schwanken. Für die Schweiz kannst du die Preise an deinem Wohnort über die Seite des Preisüberwachers herausfinden.
Du kannst also leicht berechnen, ob du weiter die Gasheizung laufen lässt oder dir einen Elektroheizer kaufst und mit diesem heizt. In den meisten Fällen ist die Gasheizung die clevere Wahl. Es sprechen zudem noch ein paar andere Gründe gegen Heizstrahler und Heizlüfter.
Im Prinzip arbeiten vor allem billige Heizlüfter wie ein Haarfön: Sie ziehen Luft aus dem Raum an, leiten sie über per Strom erhitzte Metall- oder Keramikkonstruktionen in ihrem Inneren, erwärmen sie so und blasen sie über einen Ventilator wieder in den Raum. Das Verfahren ist ziemlich effektiv, um einen Raum in kurzer Zeit mit warmer Luft zu füllen. Im Vergleich zu Heizkörpern oder Kachelöfen aber fehlt den Heizlüftern der Effekt der Strahlungswärme, die für ein angenehmes Wärmeempfinden wichtig ist. Stattdessen können Heizlüfter die Raumluft schneller austrocknen, verursachen durch den Ventilator ein Laufgeräusch und wirbeln Staub auf.
Heizlüfter, bei denen die Heizspulen von Keramik umschlossen sind, versuchen den Effekt der Strahlungswärme im Kleinen nachzuahmen. Sie sind gegenüber Modellen mit offenen Heizspulen zwar etwas langsamer beim Aufheizen, aber dafür langlebiger und leiser, weil der Ventilator langsamer laufen kann oder ein kleinerer benötigt wird. Auf der Keramik können sich zudem Tierhaare oder Staub nicht verbrennen und für Gestank beim Betrieb sorgen.
Das ist einfach: Nein.
Oder die längere Version der Antwort: In dubiosen Anzeigen, die derzeit massenhaft durchs Internet wabern, werden billige Heizlüfter und noch billigere kleine Steckdosenheizlüfter als Energiesparwunder angepriesen. In einem Punkt stimmt die Werbung tatsächlich: Elektrische Heizlüfter haben im Vergleich mit anderen Heizgeräten den besten Wirkungsgrad. Bis zu 99 Prozent des Stroms, den sie aus der Steckdose ziehen, wird in Wärme umgewandelt. Da schneiden Radiatoren, Konvektoren oder Infrarot-Heizungen schlechter ab. Jedoch sagt der Wirkungsgrad nichts aus über die Effizienz und die Kosten. So erzielt beispielsweise eine moderne Heizung mit Ölbrenner auch einen Wirkungsgrad von 95 Prozent. Weil die Heizwärme, die sie aus preiswerterem Öl erzeugt, ist sie aber deutlich günstiger im Betrieb.
Trotz aller Nachteile und obwohl du mit einem Heizlüfter ziemlich sicher nicht sparst, kann der Einsatz von solchen Geräten an manchen Orten trotzdem sinnvoll sein. Wenn du zum Beispiel in einem Raum, der sonst unbeheizt ist, und in dem du dich nur kürzere Zeit aufhältst, es dort aber warm haben willst, kann ein Heizlüfter praktisch sein. Ich denke an den Hobbyraum im Keller, an die Baustelle in einem Rohbau oder an eine Garage, in der du am Auto schraubst. Aber eben nicht im Wohnzimmer, wo du es eher gleichmässig warm haben willst.
Die «Stiftung Warentest» hat in der aktuellen Ausgabe als Alternativen zum Heizen mit Gas nicht nur Heizlüfter, sondern auch Konvektoren und Radiatoren, Klimaanlagen mit Wärmefunktion, Infrarotheizungen und Heizdecken untersucht. Bei den Betriebskosten schneiden Konvektoren und Radiatoren genauso schlecht ab wie die Heizlüfter. Infrarotheizungen sind im Betrieb nur etwa halb so teuer, dafür ist die Anschaffung deutlich teurer. Gewinner des Tests waren fest installierte Split-Klimaanlagen. Hier sind aber schnell einige tausend Euro oder Franken Anschaffungs- und Installationskosten fällig.
Unschlagbar günstig bei den Betriebskosten und noch dazu günstig in der Anschaffung sind für die «Stiftung Warentest» Heizdecken der Tipp für Menschen, die es bei niedrigen Raumtemperaturen trotzdem kuschelig warm haben wollen. Heizdecken müssen nämlich nicht die gesamte Raumluft erwärmen, sondern nur den Körper unter ihr.
Nicht nur werden im Internet Steckdosen-Heizlüfter angepriesen, auf Tiktok oder Youtube boomen auch sogenannte Teelichtöfen. Bei diesen werden zwei unterschiedlich grosse Blumentöpfe aus Ton auf einer Stange verschraubt. Darunter werden dann ein paar Teelichter aufgestellt. Wenn die Teelichter brennen, soll die warme Luft zwischen den beiden Töpfen gespeichert werden und langsam an den Raum abgegeben werden.
Mancherorts, zum Beispiel in Kärnten, war der virale Hype so gross, dass die nötigen Bauteile für diesen Teelichtofen zwischenzeitlich ausverkauft waren. Vermutlich stehen in Kärnten und anderswo aber bald überall nutzlose Blumentöpfe herum. Denn ein Teelichtofen kann einen Raum kaum effektiv heizen. Ein brennendes Teelicht hat eine Leistung von 40 Watt. Du erinnerst dich an den Anfang des Beitrags und daran, dass pro Quadratmeter Zimmerfläche im Idealfall mindestens 50 Watt gebraucht werden. Nehmen wir also noch einmal das 25-Quadratmeter-Wohnzimmer als Beispiel. Um das mit Teelichtern zu beheizen, müsstest du also mal 32 Teelichter brennen lassen. Wenn du vier Teelichter in eine Blumentopf-Konstruktion packst, hast du also acht von den Dingern herumstehen. In einem Zimmer.
Für einen kurzen romantischen Moment sind so viele Teelichter in einem Raum unter Umständen okay, aber nicht als Heizungsersatz. Denn Teelichter bestehen aus nicht gerade umweltfreundlichen Grundstoffen und bei so vielen brennenden Kerzen in einem Zimmer wird die Luft auch nicht gesünder. Von der Brandgefahr mal gar nicht erst zu reden.
Du bist aber sicher nicht den Teelichtofen-Influencern und -Influencerinnen verfallen, oder? Ich glaube fest an unsere Leserinnen und Leser. Denn sie haben auch beim Tagesangebot bewiesen, dass ein Heizlüfter mit Rabatt nicht ihren Verstand ausschaltet. Am Ende des Tages waren immer noch über die Hälfte der Geräte nicht verkauft. In diesem Fall: gut so!
Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.