Produkttest

Geforce Now im Test: dank RTX 3080 legitime PC-Alternative

Nvidias Game-Streaming-Dienst Geforce Now bietet neu ein Abo mit der Leistung einer RTX 3080. Damit wird er zum ernsthaften Ersatz für den eigenen PC.

«Dying Light 2» in voller Pracht zocken, direkt zum Release und ohne teure Hardware zu kaufen. Egal, ob auf dem ausrangierten Laptop, dem röchelnden PC oder dem Smartphone. Das versprechen Streaming-Dienste wie Geforce Now von Nvidia. Einfach auf «Spielen» drücken und schon startet das neueste Blockbuster-Game. Bisher konnten die Dienste qualitativ nicht mit einer dedizierten Gaming-Maschine mithalten. Das soll sich nun mit dem neusten Geforce-Now-Abo ändern.

Bei den bisherigen Abo-Modellen bist du auf eine Auflösung von 1920×1080 Pixeln bei maximal 60 Bildern pro Sekunde (fps) limitiert. Das neue RTX-3080-Abo bietet die Serverleistung von Nvidias RTX-3080-Grafikkarte. Damit erhältst du die Möglichkeit, Spiele auf dem PC oder Mac mit bis zu 2560×1440 Pixeln bei 120 fps zu spielen. Über die Nvidia Shield TV gibt es 60 fps bei 3840×2160 Pixeln inklusive HDR.

Auflösung ist das eine. Das Hauptproblem von Game-Streaming liegt jedoch meistens beim Input Lag. Also der Zeit, die es braucht, vom Drücken einer Taste bis zur Auslösung einer Aktion. Nvidia verspricht dabei fast Unvorstellbares. Nämlich, dass der Lag geringer sein soll als beim lokalen Spielen auf der Xbox Series X. Ich habe mir das sechsmonatige Abo für 99.99 Euro (ca. 104 CHF) gelöst und teste, ob an der Behauptung was dran ist.

Was genau ist Geforce Now?

Anders als beispielsweise bei Google Stadia oder Xbox Cloud Gaming greifst du bei Geforce Now auf deine bereits gekauften Spiele zurück. Um Geforce Now zu nutzen, verbindest du dich mit Steam, Uplay, Origin und Epic Games. Anders als während der Beta-Phase hast du aber nicht mehr Zugriff auf alle deine Spiele, sondern nur diejenigen, die unterstützt werden. Aktuell sind das über 1500 Titel. Dazu gehören oft auch Launchtitel wie «Dying Light 2». «Elden Ring» hingegen ist zum Launch nicht dabei.

Performance

Um herauszufinden, wie sich das neueste Abo-Modell schlägt, habe ich mir ein paar aussagekräftige Spiele herausgesucht und sie auf dem PC und der Nvidia Shield Pro ausprobiert. Leider gibt es nicht überall die Möglichkeit, die Frame Rate anzeigen zu lassen, um exakt sagen zu können, wie flüssig ein Spiel läuft. Wie beim Input Lag muss ich mich dabei oft auf mein Gefühl verlassen. Da ich nicht nur mit Controller, sondern auch mit Maus und Tastatur spiele, kann ich den Lag relativ genau beurteilen. Ausserdem habe ich immer auch den Direktvergleich zwischen gestreamtem Spiel und lokalem PC-Gaming gemacht.

Bei Geforce Now kannst du in der PC-App mit bis zu 120 fps zocken.
Bei Geforce Now kannst du in der PC-App mit bis zu 120 fps zocken.

Ich bewerte das Spielerlebnis in fünf Kategorien:

Perfekt spielbar: kein Unterschied zur lokalen Version
Sehr gut spielbar: praktisch ohne Einschränkungen spielbar
Gut spielbar: kleinere Einbussen, aber immer noch spielbar
Spielbar: spielbar, wenn es sein muss, aber nicht das grösste Vergnügen
Unspielbar: Performance unzumutbar

«Dying Light 2»

Der erste Titel, den ich mir zur Brust nehme, ist das Zombie-Parkour-Spiel «Dying Light 2». Beim Rennen über Hausdächer und Kämpfen gegen Horden von Untoten ist eine präzise Steuerung wichtig.

Plattform: PC

Einstellung: 2566×1440 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum, inklusive Raytracing, DLSS Performance
Frame Rate: Rund 80 fps
Spielerlebnis: sehr gut spielbar

«Dying Light 2» funktioniert erstaunlich gut. Bereits beim ersten Versuch überrascht mich, wie flott das Spiel läuft. Ein Input Lag ist selbst mit der Maus nicht spürbar. Und dank flüssigen 80 fps und mehr schwinge ich meinen Stacheldraht verzierten Baseballschläger sehr präzise. Hier und da stockt das Spiel kurz, aber nie so, dass es den Spielfluss wesentlich stört. Zusätzlich zur leichten Körnigkeit, die durch DLSS Performance entsteht, nehme ich ein leichtes Bildrauschen wahr. Wenn du aber nicht wie ich aus nächster Nähe in einen 48 Zoll grossen TV starrst, stört das nicht sonderlich.

Plattform: Nvidia Shield

Einstellung: 3840×2160 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum, DLSS Performance
Frame Rate: unbekannt
Spielerlebnis: spielbar

Weniger rosig sieht es auf der Nvidia Shield aus. Mit 3840×2160 Pixeln ist das Bild zwar gestochen scharf, aber die Steuerung reagiert sehr schwammig. Selbst mit dem Controller spielt es sich zäh.

«Sifu»

«Sifu» ist ein knallhartes Prügelgame, das flinke Reflexe und eine mindestens so flinke Steuerung erfordert. Definitiv eine Herausforderung für einen Game-Streaming-Dienst.

«Sifu» sieht lokal gespielt ein bisschen schärfer aus.
«Sifu» sieht lokal gespielt ein bisschen schärfer aus.
Die Geforce-Now-Version läuft etwas träge.
Die Geforce-Now-Version läuft etwas träge.

Plattform: PC

Einstellung: 2566×1440 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum
Frame Rate: unbekannt
Spielerlebnis: spielbar

Das Spiel ruckelt manchmal etwas und ein leichtes Bildrauschen ist erkennbar. Der in Neon-Licht getränkte Club im zweiten Level sieht aber immer noch sehr stimmungsvoll aus. Insgesamt läuft das Spiel relativ flüssig und steuert sich auch zuverlässig. Ein Input Lag ist aber zweifellos zu spüren. Ich habe mich nicht bis zu einem Boss vorgekämpft – leichter dürfte es damit sicherlich nicht werden.

Plattform: Nvidia Shield

Auf der Nvidia Shield kann ich das Spiel derzeit nicht starten. Beim Drücken auf «Play» öffnet sich lediglich die Sprachsuche.

«Control»

In «Control» kämpfst du mit übernatürlichen Fähigkeiten und einer wandelbaren Spezial-Knarre gegen besessene Agenten. Du benötigst dafür zwar nicht die schnellsten Reflexe, aber wenn du aus allen Richtungen aufs Korn genommen wirst, ist auch hier eine präzise Steuerung wichtig.

Plattform: PC

Einstellung: 2566×1440 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum, inklusive Raytracing, DLSS
Frame Rate: unbekannt
Spielerlebnis: perfekt spielbar

Herrlich. Ein Paradebeispiel für Geforce Now. «Control» steuert sich gestreamt am PC butterweich und auch mit Maus und Tastatur sehr präzise. Selbst wenn ich DLSS deaktiviere, ist das mit Raytracing äusserst hardwarehungrige Spiel noch gut spielbar. Allerdings stockt es dann manchmal und optisch sieht es nicht entscheidend besser aus.

Plattform: Nvidia Shield

Einstellung: 3840×2160 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum, inklusive Raytracing, DLSS
Frame Rate: unbekannt
Spielerlebnis: spielbar

In 4K sieht das Spiel zwar wunderhübsch aus, aber der Preis dafür ist zu hoch. Selbst ohne Raytracing steuert es sich zu zäh. Hektische Kämpfe werden damit unnötig schwierig.

«Apex Legends»

Neben «Sifu» wohl das Spiel im Test, bei dem die Leistung die wichtigste Rolle spielt. Wie bei den meisten Battle-Royale-Shootern entscheiden in den Multiplayer-Gefechten Millisekunden über Sieg oder Niederlage.

Plattform: PC

Einstellung: 2566×1440 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum
Frame Rate: 140 fps
Spielerlebnis: perfekt spielbar

Hier gibt es nichts auszusetzen. Die Frame Rate ist höher als mein Display darstellen kann und ein Input Lag ist nicht spürbar. Herrlich. So könnte ich mich ans Streamen gewöhnen. Einzig ein ganz leichtes Bildrauschen ist mir aufgefallen. Auf kleineren Monitoren als meinem 48 Zoll dürfte das nicht zu sehen sein.

Plattform: Nvidia Shield

Einstellung: 3840×2160 Pixel, alle Einstellungen auf Maximum
Frame Rate: 120 fps +
Spielerlebnis: unspielbar

Praktisch unbrauchbar ist die Variante auf der Shield mit maximaler Auflösung. Das Spiel wird dadurch so träge, dass ich sogar bei Gegnern, die AFK sind, ins Schwitzen gerate. Die Auflösung auf 1440p zu reduzieren, erzielt leider nicht das gleiche Ergebnis wie auf dem PC. Es stockt mehr trotz hoher fps und auch ein Input Lag ist immer noch leicht spürbar.

«Cyberpunk 2077»

Zum Schluss noch eine besondere Knacknuss. «Cyberpunk 2077» ist mit allen technischen Finessen ausgestattet und auch nach zahlreichen Updates weiterhin ein Leistungsfresser. Die fps-Werte stammen vom integrierten Benchmark. Im Spiel kann ich die fps leider nicht anzeigen lassen.

«Cyberpunk 2077» ist ein Hardware-Fresser und lässt sich in 4K nur am PC wirklich super flüssig spielen.
«Cyberpunk 2077» ist ein Hardware-Fresser und lässt sich in 4K nur am PC wirklich super flüssig spielen.
Mit Geforce Now ist es ebenfalls spielbar, besonders in 1440p. Die Unterschiede sind auf den Screenshots kaum auszumachen.
Mit Geforce Now ist es ebenfalls spielbar, besonders in 1440p. Die Unterschiede sind auf den Screenshots kaum auszumachen.

Plattform: PC

Einstellung: 2566×1440 Pixel, Profil Raytracing Ultra, DLSS Auto
Frame Rate: 68 fps im Benchmark
Spielerlebnis: sehr gut spielbar

Wenn deine Kiste zu langsam ist für «Cyberpunk 2077», dann ist Geforce Now definitiv eine Überlegung wert. Selbst mit Raytracing spielt es sich flüssig und der Input Lag ist vernachlässigbar. Zwar ist er leicht spürbar, aber da bin ich mir selbst lokal Schlimmeres gewohnt, wenn ich mal wieder zu stur bin, die Grafik-Details zu reduzieren.

Plattform: Nvidia Shield

Einstellung: 3840×2160 Pixel, Profil Raytracing Ultra, DLSS Auto
Frame Rate: 46 fps im Benchmark
Spielerlebnis: gut spielbar

Wie immer sieht das Spiel in 2160p zwar wunderschön aus, aber die Steuerung ist so träge, dass wenig Freude aufkommt. Wenn ich das Raytracing-Low-Profil auswähle, bessert es sich. Damit spielt es sich relativ flüssig, aber ein spürbarer Lag bleibt.

Ein nicht ganz rundes Benutzererlebnis

Die Performance ist das eine, das Benutzererlebnis das andere. Geforce Now ist auf diversen Geräten verfügbar: PC, Mac, Smartphone, Nvidia Shield und sogar auf den neusten LG-OLED-Fernsehern. Du loggst dich zuerst mit deinem Nvidia-Account ein und anschliessend in die verschiedenen Stores von Steam, Epic etc. Etwas nervig ist, dass du dich je nach Launcher mehrfach einloggen musst. So etwa bei Steam – jedes Mal, wenn du ein Spiel startest, musst du Passwort und je nachdem noch den Code aus dem Authentifikator eingeben.

Gewisse Probleme wie mit verschiedenen Auflösungen gibt es noch.
Gewisse Probleme wie mit verschiedenen Auflösungen gibt es noch.

Hinzu kommen verschiedene kleinere Bugs. Mal kann ich die Auflösung nicht ändern, ohne dass das Spiel nur noch im Fenstermodus angezeigt wird, mal werden die Einstellungen nicht gespeichert. Die musst du ohnehin separat aktivieren. Standardmässig benutzt Nvidia jedes Mal eigene Einstellungen und setzt deine Anpassungen zurück.

Manchmal startet ein Spiel wie «Sifu» nicht auf der Shield. Auch nach mehrmaligen Versuchen erscheint stattdessen jedes Mal die Sprachsuche. Keine Ahnung, was da los ist. Oder du startest ein Spiel und landest auf der Steam-Store-Page, weil du das Spiel noch gar nicht besitzt.

Die Geforce-Now-App ist sehr rudimentär und erinnert an die Oberfläche von Netflix. Bewertungen, Foren oder irgendeine Form von Community fehlen gänzlich. Es ist eine gefühlt wild zusammengewürfelte Seite aus deinen eigenen Spielen und zufälligen Empfehlungen.

Fazit: Eine ernstzunehmende PC- und Konsolen-Alternative

Für rund 16 Euro (17 CHF) pro Monat bekommst du die Leistung eines Oberklassen-PCs – kein schlechter Deal. Das neue RTX-3080-Abo von Geforce Now kann zwar nicht ganz mit einem Highend-Gamer-PC mithalten, aber es ist verdammt nah dran. «Apex Legends» mit 1440p und über 120 fps zu streamen, ist ein beeindruckendes Unterfangen. Auch «Control» oder «Dying Light 2» spielen sich praktisch ohne Abstriche.

Das Interface
Das Interface

Wenn du hingegen zur Nvidia Shield wechselst und die Auflösung auf 4K hochschraubst, dann kommt die Technik an ihre Grenzen. Leistungsintensive Titel sind damit meist nur mit Abstrichen spielbar. Also entweder Details reduzieren, Raytracing deaktivieren oder DLSS aufs Maximum setzen. Dennoch lässt sich beispielsweise «Cyberpunk 2077» immer noch ordentlich spielen. Konstante 60 fps wie auf der PS5 und Xbox Series X habe ich leider nicht erreicht. Mit etwas Tuning der Einstellungen wäre das aber möglicherweise erreichbar. Die Möglichkeit dazu hast du, anders als auf einer Konsole.

Nvidias neues Premium-Streaming-Abo hat es wirklich in sich. Zusätzliche Investitionen neben den Abokosten sind nicht nötig, weil du auf deine Spiele zugreifst, die du bereits auf Steam und Co. gekauft hast. Alle sind allerdings nicht dabei. Möchtest du beispielsweise das neue «Elden Ring» auf Geforce Now spielen, hast du Pech gehabt. Mit 1500 Spielen ist die Auswahl trotzdem grösser als bei jedem anderen Gaming-Dienst oder der Konsole.

Bezüglich Input Lag hat auch das RTX-3080-Abo noch Luft nach oben. Trotzdem ist Geforce Now eine legitime Alternative zum Kauf eines PCs oder einer Konsole. Ausprobieren lohnt sich auf jeden Fall.

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