Filmkritik «Lightyear»: Bis zur Unendlichkeit – und noch viel weiter
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Filmkritik «Lightyear»: Bis zur Unendlichkeit – und noch viel weiter

Martin Rupf
15.6.2022

Endlich ist er da: Der «Toy-Story»-Spin-off «Lightyear». In diesem reist Buzz Lightyear in ferne Galaxien und muss mit einem Amateur-Team bösen Mächten trotzen. Was du dir vom neusten Pixar-Film versprechen kannst – und was nicht.

Achtung: In diesem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur Infos, die aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt sind.


Wir schreiben das Jahr 1995: Mit «Toy Story» bringen die Pixar Animation Studios den ersten vollständig am Computer erstellten Animations-Langfilm in die Kinos. Der Plot lässt sich in wenigen Sätzen so zusammenfassen: Im Kinderzimmer von Andy hat dessen Lieblingsspielzeug, Cowboy-Sheriff Woody, das Sagen. Doch ein paar Tage vor dem Umzug der Familie erhält Andy zum Geburtstag den Space-Ranger Buzz Lightyear. Die Spielzeuge aus Andys Zimmer sind von ihm begeistert, schliesslich ist er mit den modernsten Raffinessen ausgestattet, die ein Spielzeug nur haben kann. Weniger Freude hat Woody, der nun plötzlich nicht mehr das unangefochtene Spielzeug Nummer 1 von Andy ist. Die Folge: Es kommt zu Streit, Eifersuchtsattacken und grossen Dramen, ehe Woody und Buzz zu besten Freunde werden.

Dass Buzz vor knapp 30 Jahren schnell die Gunst von Andy erobern konnte, kommt nicht von ungefähr. Denn Buzz ist die Hauptfigur im Film «Lightyear» – dem Lieblingsfilm von Andy in «Toy Story». So kommt es, dass «Toy Story» in den letzten 27 Jahren nicht nur drei Folge-Filme erhalten hat, sondern mit «Lightyear» nun quasi seine eigene Vorgeschichte, die ab morgen in den Schweizer Kinos läuft.

Zwei Tage vor dem offiziellen Start durfte ich mir den Film anschauen, der für Kinder hierzulande ab sechs Jahren freigegeben ist. Ich war gespannt: Würde ich den Film tatsächlich Eltern mit Kindern, die so alt sind wie meine (sieben und neun) weiterempfehlen?

Buzz, der perfekte Held. Mutig, aber kein Angeber

Der junge Space-Ranger Buzz Lightyear startet mit seinem Space Shuttle in die Weiten des Weltraums. Doch ist der Nachwuchs-Astronaut, der als Rookie von Star Command auf die aufregende Mission geschickt wird, den Gefahren und Aufgaben im All schon gewachsen? Buzz (in der deutschen Fassung gesprochen von «Game of Thrones»-Star Tom Wlaschiha) strandet dann auch tatsächlich mit seiner Crew auf einem feindlichen Planeten 4,2 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Bei dem Versuch, einen Weg durch Raum und Zeit zurück nach Hause zu finden, wird Buzz von einer Gruppe ehrgeiziger Rekruten und seiner ebenso charmanten wie lustigen Roboter-Katze Sox unterstützt.

Die Katze Sox ist Buzz im Science-Fiction-Abenteuer ein treuer Begleiter.
Die Katze Sox ist Buzz im Science-Fiction-Abenteuer ein treuer Begleiter.

Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass Buzz 1995 einfaches Spiel hatte, die Gunst von Andy zu erobern. Er ist smart, mutig und feinfühlig zugleich. Alles andere als ein Angeber und doch voller Tatendrang und Schaffenskraft.

Wieso muss der Sound in Kinosälen immer derart laut sein?!

Aber irgendwie ist Buzz auch sehr bald einsam und isoliert – und zwar nicht nur, weil er Millionen von Lichtjahren von der Erde entfernt ist. Nein, er begibt sich immer wieder auf gefährliche Missionen, um an genau diesen immer und immer wieder gescheitert auf dem feindlichen Planeten zu landen.

Immer wieder bricht Buzz auf, um die Rückkehr zur Erde zu schaffen.
Immer wieder bricht Buzz auf, um die Rückkehr zur Erde zu schaffen.
Quelle: Disney Pixar

Der Handlungsstrang ist in der Tat überschaubar. So überschaubar, dass ich ihn tatsächlich einem sechsjährigen Kind zutrauen würde. Nicht aber – wie so oft – einzelne Sequenzen, wenn etwa wilde und vor Wut schäumende Kreaturen über Buzz und sein inzwischen auf vier Personen und eine Katze angewachsenes Team herfallen. Dabei sind es weniger die teils Action geladenen Szenen, die Sechsjährige da und dort überfordern dürften. Es ist der Lärm. Nicht zum ersten Mal rege ich mich ziemlich arg über die völlig unverhältnismässige Lautstärke im Kinosaal auf. Wenn der Lärmpegel für Erwachsene schon fast nicht zum Aushalten ist, was für eine Tortur muss es erst für Kinder sein?

Die Stille des Weltalls kommt leider viel zu kurz

Du fragst dich jetzt vielleicht, muss ich alle vier «Toy Story»-Filme gesehen haben, um «Lightyear» zu verstehen? Diese Frage kann ich – der keinen der Filme geschaut hat – klar mit Nein beantworten. Umgekehrt dürften die Machart und die Auferstehung des grossen Helden Buzz viele, heute in der Blüte ihres Lebens stehenden «Toy Story»-Fans, gefallen.

Buzz bricht anfangs mit seiner Freundin und Mentorin, der Kommandantin Alisha Hawthorne, auf.
Buzz bricht anfangs mit seiner Freundin und Mentorin, der Kommandantin Alisha Hawthorne, auf.
Quelle: Disney Pixar

Der Film spricht zwar in erster Linie Kinder an, die Raketen, Technologie und Action mögen. Von Letzterem gibt es in der Tat genug. Aber, ganz wichtig, auch nicht zu viel. Mir persönlich haben die ruhigen, stillen Momente am besten gefallen. Davon hätte es noch viel mehr geben dürfen. Einer der schönsten Momente war für mich, als Izzi, die unter «Astrophobie» leidet – eine Art All-Höhenangst –, durch die Schwerelosigkeit schwebt, während im schwarzen All Millionen von Sternen leuchten. Mit den heutigen Möglichkeiten der Animationskunst hätte man da für meinen Geschmack mehr rausholen dürfen, nein müssen. Für einen kurzen Moment wähnte ich mich tatsächlich nicht mehr in einem Kinosaal, sondern in den unendlichen Weiten des Weltalls.

Gegen Ende des 104-minütigen Films wurde ich dann doch etwas ungeduldig, weil ich das Gefühl bekam, der Plot werde jetzt künstlich etwas in die Länge gezogen. Nicht zum ersten Mal kam es beim gefühlten (guten) Ende doch nochmals zu einer dramatischen (und einmal mehr sehr lauten) Zuspitzung der Ereignisse. Und so bescheiden Buzz eigentlich auftritt, so wird ihm für mein Dafürhalten doch etwas zu viel «amerikanischer» Heldenstatus auferlegt. Doch zugegeben: Es hat schon etwas Heldenhaftes, wie Buzz sich selbst die Schuld für das ganze Schlamassel gibt, in dem er und seine Crew gelandet sind. Schwer lastet diese auf seinen Schultern.

Immerhin: Das Team von Buzz besteht überhaupt nicht aus Überhelden. Im Gegenteil, da sind sympathische Amateure am Werk. Und gerade das kann eine schöne Botschaft für Kinder sein. Man muss nicht perfekt und übermenschlich sein, um Grosses bewirken zu können. Die Helden des Science-Fiction-Abenteuers haben Macken und Ängste, vor allem Kinder können sich wohl perfekt in sie hineinversetzen.

Das Team von Buzz setzt sich nicht aus Superhelden zusammen, sondern aus Amateuren.
Das Team von Buzz setzt sich nicht aus Superhelden zusammen, sondern aus Amateuren.

Am Schluss erfährt der Film doch noch eine dramatische Wendung

Der mit dem Annie-Award ausgezeichnete Animator und Pixar-Veteran Angus MacLane (Co-Regie «Findet Dorie») hat mit «Lightyear» ein visuell fantasievolles und actiongeladenes Science-Fiction-Abenteuer insziniert, das Fans von Animationsfilmen und Weltraumabenteuern gleichermassen begeistern wird. Um die Ausgangsfrage zu beantworten: Ja, ich würde mit meinen Kindern diesen Film schauen gehen, aber nur, wenn wirklich Kinowetter herrscht.

Ob Buzz’ Mission am Ende von Erfolg gekrönt sein wird, soll hier noch nicht verraten werden. Nur so viel. Der Film, der über weite Strecken angenehm vor sich hin plätschert, erfährt im letzten Teil dann doch noch eine dramatische Wendung. Eine, die man im bisher eher vorhersehbaren Plot so nicht unbedingt erwartet hätte. Ich habe das Kino nach gut eineinhalb Stunden mit einem guten Gefühl verlassen, hat mich «Lightyear» mit gewaltigen Animationsbildern doch für einen kurzen Moment ins weite All entführt. Oder wie es im Film immer wieder heisst: «Bis zur Unendlichkeit – und noch viel weiter.»

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Zweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.


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