Eine intelligente Flüssigkeit mit programmierbaren Eigenschaften
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Eine intelligente Flüssigkeit mit programmierbaren Eigenschaften

US-amerikanische Forschende haben ein neuartiges Metafluid aus winzigen elastischen Kapseln entwickelt. Es vereint Eigenschaften von Gasen, Flüssigkeiten und Festkörpern in sich.

Es gibt Trends, die sind so schnell wieder vorbei, wie sie gekommen sind: Bubble Tea gehört dazu. Wahrscheinlich kann sich kaum mehr jemand an dieses seltsame Getränk auf Teebasis erinnern, dem gelartige Kügelchen aus Speisestärke zugesetzt werden. Doch möglicherweise hatte das Forschungsteam um Katia Bertoldi von der US-amerikanischen Harvard University Bubble Tea vor Augen, als es im Labor stand und eine neuartige Flüssigkeit entwickelte. Bei dem so genannten Metafluid handelt sich nämlich um luftgefüllte Kapseln aus einem gummiartigen Material, die in einer Flüssigkeit verteilt sind und jeweils nur einen Durchmesser zwischen 50 und 500 Mikrometern haben. Dadurch vereint der Stoff gleichzeitig die Eigenschaften eines Festkörpers, einer Flüssigkeit und eines Gases in sich. Wirkt eine Kraft auf die Kügelchen, verformen sie sich. Damit lässt sich die Beschaffenheit des Fluids radikal, aber reversibel verändern. Die Forschungsarbeit wurde im Fachmagazin «Nature» veröffentlicht.

Metamaterialien sind künstlich hergestellte Werkstoffe mit optischen, elektrischen oder magnetischen Eigenschaften, die so in der Natur nicht vorkommen. Sie versprechen, Objekte in Raum und Zeit zu verbergen, sie unsichtbar, unhörbar oder sogar unfühlbar zu machen. Eine spannende Anwendung sind etwa Tarnkappen. Doch die meisten dieser Materialien sind fest. «Im Gegensatz zu festen Metamaterialien haben Metafluide die einzigartige Fähigkeit, zu fliessen und sich an die Form ihres Behälters anzupassen», erklärt die Erstautorin und Professorin für Angewandte Mechanik, Katia Bertoldi. Zudem lassen sie sich komprimieren wie ein Gas. «Unser Ziel war es, ein Metafluid zu schaffen, das darüber hinaus noch weitere ungewöhnliche Fähigkeiten besitzt, wie etwa eine programmierbare Viskosität, Elastizität sowie einstellbare optische Eigenschaften.»

Das Team nutzte die Fertigungstechniken eines anderen Harvard-Labors, um hunderttausende kleine, verformbare und mit Luft gefüllte Kapseln herzustellen, und vermischte diese anschliessend mit Silikonöl. Wenn der Druck in der Flüssigkeit zunimmt, kollabieren die Kapseln und bilden eine linsenartige Halbkugel. Wird der Druck wieder weggenommen, springen sie in ihre kugelige Form zurück. Bei diesen Übergängen ändern sich mehrere Eigenschaften der Flüssigkeit, etwa ihre Lichtdurchlässigkeit und ihre Viskosität. Verändert man Anzahl, Grösse und Dicke der Kapseln, lässt sich auch die Stärke der Reaktion einstellen.

Zudem, so berichten die Forschenden, ist es das erste Metafluid, das nachweislich zwischen dem newtonschen und dem nicht newtonschen Zustand wechseln kann. Unter Letzterem versteht man einen Stoff, dessen Verformungsverhalten nicht linear ist. Wirkt eine Kraft darauf ein, verhält sich ein solches Material plötzlich nicht mehr wie eine Flüssigkeit, sondern eher wie ein Feststoff.

Dass die Flüssigkeit programmierbar ist, demonstrierten die Fachleute, indem sie das Metafluid in einen hydraulischen Robotergreifer füllten und diesen eine Glasflasche, ein Ei und eine Heidelbeere aufnehmen liessen. Bei einem herkömmlichen hydraulischen System, das mit Luft oder Wasser betrieben wird, wäre der Roboter auf eine Art Sensor oder externe Steuerung angewiesen, um seinen Griff anzupassen und alle drei Objekte aufzunehmen, ohne sie zu zerquetschen. Aber mit dem Metafluid ist keine Sensorik erforderlich. Die Flüssigkeit selbst reagiert auf unterschiedliche Drücke und ändert ihre Nachgiebigkeit, um die Kraftwirkung des Greifers anzupassen.

«Der Anwendungsbereich für ein solches leicht herstellbares Metafluid ist riesig», sagte Bertoldi. Es könne etwa für intelligente Stossdämpfer eingesetzt werden, die abhängig von der Stärke des Aufpralls Energie abbauen, für optische Geräte, die von klar zu undurchsichtig wechseln sollen, oder auch zur Programmierung von Robotern.

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Titelbild: MAYA LAB

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