Ein neuer Test für die Quantennatur der Schwerkraft
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Ein neuer Test für die Quantennatur der Schwerkraft

Die meisten Kandidaten für eine Weltformel enthalten eine quantenphysikalische Version der Gravitation. Ein neues Experiment könnte nun prüfen, ob die Schwerkraft wirklich quantisiert ist.

Unsere physikalischen Modelle beschreiben die Welt gut – eigentlich schon zu gut. Denn sicher ist: Die aktuellen Theorien sind nicht korrekt. Für eine Weltformel, die sowohl die Phänomene im Allerkleinsten wie auch im Allergrössten beschreibt, müsste man die vier bekannten Grundkräfte vereinen. Bisher ist das für drei von ihnen geglückt: Die elektromagnetische sowie die schwache und die starke Kernkraft haben durch Quantenfeldtheorien einen einheitlichen Rahmen erhalten, der die Welt des Subatomaren hervorragend beschreibt. Doch die Schwerkraft hat sich diesem Formalismus bisher entzogen. Eine der drängendsten Fragen der Grundlagenphysik lautet daher, ob die Gravitation wie die übrigen Grundkräfte überhaupt einen quantenphysikalischen Kern hat – oder ob sie sich grundlegend von allen anderen Kräften unterscheidet.

Seit mehreren Jahren feilen Physikerinnen und Physiker an Experimenten, um diese Frage zu beantworten. Die gängigste Idee für einen solchen Versuch besteht darin, zwei massive Objekte durch einen quantenmechanischen Effekt miteinander zu verbinden: eine so genannte «Verschränkung» zwischen den Massen zu erzeugen. Doch das erweist sich als Mammutaufgabe. Solche korrelierten Zustände sind sehr empfindlich; zudem ist die Schwerkraft die schwächste der vier Grundkräfte, weshalb sehr viel Präzision für ein derartiges Experiment nötig wäre. Eine Umsetzung schien bisher noch ausser Reichweite. Nun hat ein Team um den Physiker Ludovico Lami von der University of Amsterdam eine Versuchsidee vorgestellt, die die Quantennatur der Schwerkraft auf völlig neue Weise testen könnte.

Wie die Forscher in ihrer im Mai 2024 in der Fachzeitschrift «Physical Review X» erschienenen Arbeit darlegen, wäre für ein solches Experiment keine Verschränkung zwischen zwei Massen nötig. Stattdessen beschreiben sie einen Aufbau mit zwei hantelförmigen Objekten, die weniger als ein Gramm wiegen. Die beiden Hanteln werden parallel zueinander aufgehängt, sodass sie jeweils frei schwingen können. Der Abstand zwischen ihnen ist so gewählt, dass sie ihre gegenseitige gravitative Anziehung spüren, aber die Casimir-Kraft nicht zum Tragen kommt. Eine Abschirmung zwischen den beiden Objekten soll ausserdem verhindern, dass elektromagnetische oder andere Kräfte das Experiment beeinflussen.

Ein Pendel mit zwei Hanteln

Das Team um Lami hat untersucht, wie die hantelförmigen Objekte schwingen, falls die Schwerkraft wirklich eine Quantennatur besitzt. Wie die Forscher herausfanden, liesse sich die Bewegung der Hanteln durch eine minimale Kraft stoppen. Demnach müsste man also bloss die Schwingungen der winzigen Massen beobachten: Falls die Objekte nach dem Einsetzen der ausgeübten Kraft stillstehen, hat die Gravitation einen quantenphysikalischen Kern. Allerdings ist so eine Messung extrem schwer umzusetzen: Kleinste Erschütterungen der Umgebung würden das Experiment verfälschen.

Deshalb schlagen die Forscher vor, den Versuch extrem oft zu wiederholen und durch Laser, die auf die hantelförmigen Objekte gerichtet sind, selbst kleinste Verschiebungen zu detektieren. Falls die Häufigkeit, mit der man die Objekte am Ende der Prozedur im Stillstand vorfindet, einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, könne man von einer quantisierten Schwerkraft ausgehen, schreiben die Fachleute. Um diesen Schwellenwert zu berechnen, mussten sie «komplizierte mathematische Techniken der Quanteninformationstheorie einbringen und verfeinern», sagte Lami zur American Physical Society.

Der geschilderte Versuch ist bisher nur ein theoretisches Konstrukt. Auch wenn die dafür benötigten Technologien bereits verfügbar sind, könnten bei der Umsetzung des Experiments ungeahnte praktische Probleme eintreten. Welcher Versuchsaufbau es letztlich ermöglichen wird, die wahre Natur der Schwerkraft zu ergründen, wird sich in einem Labor – und nicht auf einem Blatt Papier – entscheiden.

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Titelbild: Shutterstock / Vink Fan

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