Deshalb ist beim Kauf von Secondhand-Schuhen Vorsicht geboten
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Deshalb ist beim Kauf von Secondhand-Schuhen Vorsicht geboten

Vintage-Schuhe haben so ihre Tücken. Auch wenn sie wie neu aussehen, kann die Sohle innerhalb kürzester Zeit bröckeln. Woran das liegt und wie du beim Kauf nicht enttäuscht wirst.

Vor einiger Zeit auf dem Flohmarkt: Ich entdecke versteckt unter einer Kleiderstange ein Paar schwarze Vintage-Stiefeletten von Prada – vermutlich aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Stiletto-Absatz, spitze Frontpartie bestickt mit floralen Ornamenten. Das Leder makellos, die Sohle unversehrt. Der Schuh sitzt perfekt. Schockverliebt und ohne zu verhandeln, strecke ich der älteren Dame am Stand willig 100 Franken entgegen.

Ich war mir damals sicher, ich hätte den Kauf meines Lebens getätigt. Bis mir beim zweiten Tragen die Gummikappen an den Absätzen wegbröckelten und ich den Rest des Tages auf Metall durch die Gegend stöcklte. Doch alles halb so schlimm. Die Schuhmacherin meines Vertrauens fixt das Problem. Kostenpunkt: zahme 20 Franken. Alles in Ordnung also. Bloss, dass einige Wochen später auch die Aussensohle zu krümeln beginnt. Ich bringe das Problemkind für eine Neubesohlung erneut in die Reparatur und werde weitere 50 Franken los. Dafür bekomme ich von der Expertin den Hinweis, dass Vintage-Exemplare – ja, auch solche, die trotz stolzem Alter kaum getragen wurden – häufig bei ihr landen. Wenig benutzte Schuhe, die auseinanderfallen? Klingt erstmal unschlüssig, lässt sich aber leicht erklären.

Neubesohlt: Ob meine Stiefeletten wohl so viele Leben haben wie eine Katze?
Neubesohlt: Ob meine Stiefeletten wohl so viele Leben haben wie eine Katze?
Quelle: Stephanie Vinzens

Schwindende Weichmacher und Hydrolyse

Schuhsohlen bestehen meist aus Kunststoff, Gummi oder Leder. Erstere beiden verlieren mit der Zeit unvermeidbar an Flexibilität und werden spröde. Bei Gummisohlen liegt dies für gewöhnlich daran, dass die darin enthaltenen Weichmacher allmählich aus dem Material entweichen. Kunststoffsohlen hingegen bestehen häufig aus Polyurethan. Dieses ist sehr anfällig für die sogenannte Hydrolyse. Vereinfacht gesagt, wird dabei unter Einfluss von Wasser eine chemische Verbindung aufgespalten. Hydrolyse ist ein natürlicher Alterungsprozess, der sich nicht aufhalten, lediglich hinauszögern lässt. Denn du kannst deine Schuhe zwar vor Regen schützen, nicht aber vor Feuchtigkeit in der Luft.

Nun ist es tatsächlich so, dass das Phänomen der bröckelnden Schuhsohle eher bei ungetragenen, als bei regelmässig beanspruchten Schuhen eintritt. Das liegt zum einen daran, dass unbenutzte Treter häufig in feuchten Umgebungen wie Kellern oder Garagen gelagert werden – was den Zerfall durch die Hydrolyse begünstigt. Zum anderen hilft regelmässiges Tragen dabei, die Materialien flexibel zu halten. Anzunehmen, ungetragene Vintage-Schuhe seien so gut wie neu, ist somit ein Trugschluss.

Teste die Sohle, verhandle den Preis

Dass die Alterungsprozesse von aussen oftmals nicht erkennbar sind, macht es besonders schwierig, den Zustand von gebrauchten und insbesondere Vintage-Modellen einzuschätzen – vintage bedeutet übrigens, dass etwas mindestens 20 Jahre alt ist. Die Sohle von Hand ein paar Mal zu beugen, ist ein kleiner Flexibilitäts-Test, den du beim Kauf von Secondhand-Schuhen immer durchführen solltest. Beim Online-Shopping ist das natürlich nicht möglich. Hier kannst du höchstens die Verkaufsperson anschreiben und nachhaken. Generell solltest du beim Kauf mit einberechnen, dass du für allfällige Reparaturen noch einen Batzen draufzahlen wirst. Dieses Argument kannst du sehr gut auch in Preisverhandlungen einbringen.

Behalte im Hinterkopf, dass eine Neubesohlung unter Umständen den Look des Schuhs verändern kann. Ausserdem ist es nicht immer möglich, die Treter zu retten. In meinem Fall handelte es sich um Stiefeletten mit dünnen Sohlen. Diese konnten ohne grossen Veränderungen ausgetauscht werden. Bei Schuhen mit markanter oder funktionaler Sohle, wie etwa Plateausandalen oder Sneakern, handelt es sich vermutlich um ein komplizierteres Unterfangen.

Manche Vintage-Schuhe sind das Risiko wert

Wie lange ein Vintage-Schuh noch durchhält, ist schwierig abzuschätzen. Aus eigener Erfahrung muss ich sagen: Alle drei, die ich mir in den letzten Jahren gekauft habe, entwickelten nach wenigen Wochen Wehwehchen. Bei einem Paar Pumps löste sich gleich bei der ersten Anprobe die Decksohle ab, bei kniehohen Stiefeln bröckelten ebenso wie bei meinen Stiefeletten innerhalb kürzester Zeit die Gummikappen an den Absätzen weg. Ich nahm erst an, ich hätte einfach Pech. Nun weiss ich es besser. Mit neueren Secondhand-Schuhen habe ich bisher allerdings gute Erfahrungen gemacht.

Um Vintage-Schuhe werde ich künftig einen kleinen bis mittelgrossen Bogen machen. Sie in die Reparatur zu bringen, kostet schliesslich Zeit und Geld – falls es denn überhaupt etwas zu retten gibt. Ganz abschreiben möchte ich sie jedoch nicht. Manche Schätze aus vergangenen Dekaden sind das Risiko und das Geld wert. Im Falle meiner Prada-Stiefeletten habe ich den Kauf noch nicht bereut. Die Schuhe bleiben mein liebster Flohmi-Fund aller Zeiten. Ich trage sie weiterhin mit Freude – bis sie kaputt gehen. Und ich werde sie so lange in die Werkstatt bringen, bis meine Schuhmacherin findet, dass es Zeit ist, sie gehen zu lassen.

Titelbild: Stephanie Vinzens

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Hat grenzenlose Begeisterung für Schulterpolster, Stratocasters und Sashimi, aber nur begrenzt Nerven für schlechte Impressionen ihres Ostschweizer Dialekts.


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