Der Xtreme 4 von JBL wird erwachsen(er)
Produkttest

Der Xtreme 4 von JBL wird erwachsen(er)

JBL hält nichts davon, die Jahres-Iteration seiner Mitbewerber mitzugehen. Deshalb kommt der neue Xtreme 4 erst drei Jahre nach dem Vorgänger. Der beliebte Outdoor-Bluetooth-Speaker wartet mit zahlreichen Neuerungen im funktionalen, aber auch im akustischen Bereich auf.

Nachhaltig, neu, besser? Ich will JBLs Werbeversprechen auf den Zahn fühlen und fange gleich beim Kern jedes Speakers an: der Musik. Der Vorgänger Xtreme 3 war primär ein Bass-Monster. Er machte laute, wuchtige Mukke, der es an gewisser Präzision und Balance fehlte. Wirst du beim Xtreme 4 ein Déjà-vu haben? Jein. JBL hat nachgebessert, hält sich aber an die «Sound-Signatur-Tugenden» des Brands.

Der Xtreme 4 ist ein wenig grösser und breiter als sein Vorgänger, was für mehr Resonanz sorgen kann. Im Innenleben hat sich bei der Hardware aber nicht so viel verändert. Zwei 70-Millimeter-Tieftöner, zwei 20-Millimeter-Hochtöner und die JBL-typischen Passivmembranen an der Seite. Beim Xtreme 3 gabs Bass in Hülle und Fülle. JBL-Partysound, wie man ihn kennt. Wichtig für dich zu wissen: Alle vier Treiber sind «front firing» – wenn du also hinter dem Speaker stehst, ist es ein elementar anderes Hörerlebnis.

Wie gut die neuen Speaker klingen

Anhand dreier Lieder erkläre ich dir, was du vom Sound des Xtreme 4 erwarten darfst und was nicht.

«Hysteria» von Muse: sehr präsenter, aber erstaunlich kontrollierter Bass

Wie erwartet hat der Xtreme 4 eine starke Präsenz im Bassbereich. Tiefe Frequenzen und Bässe sind stark ausgeprägt. In meinem Test habe ich den Speaker erst auf eine dünne Pressspan-Kommode mit Schubladen gestellt. Das dünne Holz und der hohle Inhalt haben ordentlich Resonanz gezeigt, sprich: Sie haben mit-vibriert und dadurch die etwas höheren Frequenzen verdrängt – die Membranen an der Seite tun das Ihrige dazu.

Stell den Speaker lieber nicht hochkant auf – die Passivmembran wummert dir sonst die Ohren weg.
Stell den Speaker lieber nicht hochkant auf – die Passivmembran wummert dir sonst die Ohren weg.
Quelle: Florian Bodoky

Ein massives Möbelstück als Stellfläche empfiehlt sich also. Allerdings: Im Gegensatz zum Xtreme 3, wo der Bass alles andere dominiert, ist er beim Xtreme 4 dosierter und sorgt für etwas Wärme im Klangbild. Mein Tipp: Wenn du nicht nur elektronische Beats laufen lässt, solltest du im ersten Band des Equalizers den Regler zwei bis drei Stufen nach unten schieben. Damit werden die Tiefen runtergeregelt und die Bässe nehmen nicht Überhand. Damit wird der Klang ausgeglichener. Wenn du den Speaker draussen verwendest, braucht es dies auch bei Bass-intensiven Songs nicht unbedingt. Da du keine Wände hast, deren Resonanz den Bass nochmals verstärken, klingt der Speaker automatisch ausgeglichener.

«Spit it out» von Slipknot: energiegeladen, Höhen etwas unpräzise

Das Lied von Slipknot zeigt eigentlich den idealen Einsatzzweck des Xtreme 4. Schnell, energiegeladen und laut schallen die Klänge aus dem Speaker. Da der Fokus des Liedes nicht unbedingt auf der Präzision liegt, kommt die Schwäche des Xtreme 4 hier nicht so zum Tragen. Nämlich die Präzision bei den Höhen. Besonders wenn du den Speaker wirklich laut aufdrehst, gehen sie etwas verloren.

«The National Anthem» von Radiohead: kein Balance-König, aber die Fortschritte sind hörbar

Bei diesem Radiohead-Track passiert sehr viel. Es gibt akustische, aber auch elektronische Klänge, es ist schnell, langsam und hat eine stets präsente Bassline und Gesang. Ein Speaker kann sich hier also in Sachen Ausgeglichenheit hervortun. Dass der Xtreme 4 eher in den Tiefen seine Stärken hat und die Höhen etwas abfallen – wissen wir. Aber JBL hat hörbar viel Arbeit in eine ausgeglichene Sound Signatur investiert. Verglichen mit dem Vorgänger sind die Mitten besser hörbar und werden korrekter wiedergegeben. Auch hier nimmt die Qualität bei sehr hoher Lautstärke ab – aber bis etwa 70 Prozent des Maximums (und das ist bereits sehr, sehr laut) kann der Xtreme 4 wirklich glänzen.

Die App: kein Muss

Wenn wir beim Sound von Bass sprechen, wird auch der Equalizer in der App zum Thema. Aber: Augen auf bei der App-Wahl! JBL bietet nämlich mehrere an. Ganze sieben Stück finde ich im App Store. Soundbars, Kopfhörer, Portables – alle werden separat aufgeführt. Die App, die du für die Xtreme 4 brauchst, nennt sich JBL Portable – es gibt sie (für Android und iOS).

Für den Boost-Mode gibts eigentlich wenig Gründe – für den Equalizer eher.
Für den Boost-Mode gibts eigentlich wenig Gründe – für den Equalizer eher.
Quelle: Florian Bodoky

JBL hält die App und deren Funktionen übersichtlich. Das Wichtigste: Es gibt einen Equalizer, an dem du Höhen, Mitten und Tiefen einstellen kannst – fünf Bänder zwischen 64 Hz und 16 KHz. Zudem gibt es noch vier Presets, aus denen du wählen kannst. Energetic, Chill, Vocal und JBL Signature. Letzterer ist unüberhörbar basslastig. Zudem gibt es noch den Modus «PlaytimeBoost». Mit dem wird der Sound lauter, aber dafür dünner. Ich nutze ihn, wenn's mal wirklich laut werden muss und die Qualität weniger wichtig ist. Allerdings werden dann die Equalizer-Einstellungen oder Presets deaktiviert. Ansonsten kannst du in der App mehrere Speaker miteinander verbinden sowie Firmware herunterladen. Meine Meinung: Der Equalizer hilft, den Bass noch ein wenig mehr zu dämmen. Wenn du das möchtest, kannst du dir die App holen. Ansonsten braucht es sie nicht unbedingt.

Bewährte Werte: bei Design und Haptik gibt es nur eine sanfte Renovierung

Beim Vergleich mit dem Vorgänger fällt auf: Nicht alles ist komplett neu. Design und Form ändern sich nur dezent. Der Xtreme 4 ist etwas dicker und grösser als der Xtreme 3. Allerdings nur rund 200 Gramm schwerer, was beim Tragen mit dem beiliegenden Tragegurt zu verkraften ist. 2,1 Kilogramm wiegt der Xtreme 4. Der Grund für den Grössenzuwachs von 1,2 Zentimeter ist die leicht erhöhte Stellfläche des Xtreme 4. Dafür steht er deutlich stabiler – bei wackeligen Outdoor-Stellflächen sicher von Vorteil. Auch wieder mit von der Partie: die gigantischen, mit einem JBL-Branding versehenen Passivmembrane an den Seiten.

Bei über zwei Kilogramm Gewicht wirst du für den Tragegurt dankbar sein.
Bei über zwei Kilogramm Gewicht wirst du für den Tragegurt dankbar sein.
Quelle: Florian Bodoky

Designtechnisch eine weitere Änderung findest du bei der Bedienkonsole: Statt alle Tasten in eine Reihe zu gliedern, hat JBL die Tasten neu in eine «Musiksteuerung» und eine «Gerätesteuerung» aufgeteilt. Neu dabei: Der Auracast-Knopf. Auracast ist eine neue, auf Low-Energy-Bluetooth basierende Übertragungstechnologie. Vereinfacht ausgedrückt kannst du mit einem Sendegerät – beispielsweise einem Smartphone oder einem Fernseher – Audiostreams an eine unbegrenzte Zahl von Audio-Empfangsgeräte senden, also z.B. Kopfhörer oder Speaker. Mit den Xtreme 4 kannst du mehrere Speaker in einem grösseren Raum oder sogar in separaten Zimmern verteilen und mit einem zentral gesteuerten Gerät beschallen. Oder du kannst dir in der Sportbar den Fernseher auswählen, dessen Ton an deine Kopfhörer gesendet werden – sodass du z.B. den Fussballkommentar zu dem Spiel hörst, der auf dem gewählten Fernseher gezeigt wird, ohne dass ein anderer Gast vom Lärm gestört wird.

Die Bedienkonsole beim Xtreme 4 ist in zwei Reihen aufgeteilt.
Die Bedienkonsole beim Xtreme 4 ist in zwei Reihen aufgeteilt.
Quelle: Florian Bodoky

Auf der Rückseite hat JBL abgespeckt: Beim Xtreme 4 findest du da nur noch den USB-C-Port, um den Speaker aufzuladen. Dazu legt JBL ein Netzteil mit auswechselbarem Stecker bei – du kannst also statt der Euronorm auch einen Schuko-Stecker oder anderes anschliessen. Der Port kann nicht nur Strom aufnehmen, sondern auch Energie geben: Wenn du dein Smartphone damit verbindest, wird es aufgeladen. Bei der Dreier-Version hat der Hersteller noch einen USB-A- und einen Klinken-Port untergebracht. Zudem unterstützt der Xtreme 4 Multipoint, kann also mit mehreren Zuspielern gleichzeitig verbunden sein.

Das Akkufach lässt sich aufschrauben, den Akku kannst du rausnehmen und ersetzen.
Das Akkufach lässt sich aufschrauben, den Akku kannst du rausnehmen und ersetzen.
Quelle: Florian Bodoky

Auf der Unterseite des Xtreme 4 dann das Highlight: der verschraubte Akku-Schacht. Mit einem sternförmigen (Torx)-Schraubenzieher kannst du dir Zugang verschaffen und dann ganz einfach das Modul aus dem Schacht ziehen. So kannst du ihn ersetzen, sollte es nötig werden. Der Schachtdeckel besteht aus Gummi und ist recht fest zugeschraubt. Das muss so sein, denn wie schon sein Vorgänger ist der Xtreme 4 nach IP67 vor Wasser geschützt. Er ist also nach wie vor outdoor-tauglich.

Akkuleistung: noch mehr Stunden, noch schneller laden

Genauso nützlich wie unspektakulär ist das Upgrade bei der Akkuleistung des neuen Xtreme. Bis zu 24 Stunden hält der Speaker durch. Im Vergleich zum Vorgänger ist das ein Plus von rund 8 Stunden. Etwas, was ich nach intensivem Testen ungefähr bestätigen kann. Nach einer gemessenen Playtime von 23 Stunden und 37 Minuten hat sich der Xtreme 4 verabschiedet. Ich würde dir empfehlen, bei der ersten «Low Battery»-Warnung nach Möglichkeit nochmal aufzuladen. Das neue Fast Charging funktioniert soweit gut. Zehn Minuten am Strom, zwei weitere Stunden Party.

Fazit

Reiferer Klang, aber dennoch ein Partyspeaker

Eins ist klar: Der Xtreme 4 von JBL ist – wie schon seine Vorgänger – ein Partyspeaker. Auch wenn er seine Bässe besser unter Kontrolle hat und die generelle Balance zugenommen hat. Wenn du dich also zuhause bei Cognac und Zigarre den Violinen-Virtuosen hingeben willst, solltest du tendenziell zu einem anderen Lautsprecher greifen.

Wenn du aber einen portablen Speaker mit extrem hoher Sound-Qualität und Robustheit suchst, dann solltest du hier zugreifen.

Pro

  • Basslastiger, aber dennoch guter Sound
  • Sehr gute Verarbeitungsqualität
  • Auracast

Contra

  • Kein Klinkenport mehr
  • Relativ klobig
Titelbild: Florian Bodoky

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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