Can't Hurt Me
Deutsch, David Goggins, 2023
Mein Lesejahr 2024 bestand aus Sachbüchern und biografischen Werken. Nach Jahren der Belletristik hatte ich Lust auf etwas Neues. Ich habe sehr viel Inspirierendes für mich entdeckt und faszinierende Menschen und ihre Lebensgeschichten kennengelernt.
Auf den ersten Blick scheinen ein Basketballstar, eine schottische Königin und ein Elite-Ausdauersportler wenig gemeinsam zu haben. Doch alle drei teilen aussergewöhnliche Lebensgeschichten, in denen sie immense Herausforderungen überwunden und Millionen von Menschen inspiriert haben. 2024 bestand meine Bücherliste aus Biografien und Sachbüchern und ich habe mich mit bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten auseinandergesetzt.
Ich wollte Ideen und Inspirationen für mein Leben finden und von Lektionen lernen, die erfahrenere, klügere Menschen vor mir gelernt hatten. Neben Kobe Bryant, Maria Stuart und David Goggins habe ich solche Inspirationen und Lektionen auch bei so unterschiedlichen Menschen wie Austin Keon, Alexander von Humboldt, Zora del Buono oder Rick Rubin gefunden.
Can’t hurt me: David Goggins autobiografisches Buch über seine Kindheit und Jugend, seine Zeit bei den US-Navy Seals und schliesslich die Anfänge seiner Karriere als Ultra-Rennläufer war mein erstes Buch des Jahres. Einerseits finde ich Goggins Leben und was er, aus schwierigen Verhältnissen stammend, daraus gemacht hat, durchaus beeindruckend. Andererseits ist mir die Art, wie er das erzählt, zu amerikanisch glorifiziert geschrieben und einige seiner Lektionen, die er weitergeben will, zu sehr «tough guy».
Maria Stuart: Friedrich Schillers Stück über die Rivalität zwischen der englischen Königin Elisabeth I. und Maria Stuart gilt gemeinhin als nahezu perfekte Tragödie. Wer von (Zwangs-)Lektüren klassischer Stücke während der Schulzeit immer noch traumatisiert ist, lässt vermutlich besser die Finger davon. Persönlich habe ich die dramaturgische Qualität Schillers, die Zeichnung der Figuren und die Intensität der Dia- und Monologe beim Lesen sehr genossen.
Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur: Ich kann sagen, die Biografie über Alexander von Humboldt, geschrieben von der Historikerin Andrea Wulf, war mein literarisches Highlight des Jahres. Das Leben von Humboldt mit all seinen Abenteuern, Forschungsreisen, Erkenntnissen und Werken, die er geschaffen hat, sind ein unfassbar reicher Schatz an Wissen. Ein beeindruckender Mensch, dessen Bedeutung für die Menschheit nicht überbetont werden kann.
Erinnerung eines Mädchens: Der autobiografische Text der Literatur-Nobelpreisträgerin von 2022, der Französin Annie Ernaux, erzählt wenige Wochen ihres Lebens im Sommer 1958 nach, die für ihre Entwicklung als Mensch und vor allem als Frau absolut entscheidend waren. In einer intimen, tragischen Weise. In einer Mischung aus kalter Distanz und intimster Emotionalität beschreibt sie ihre Jugend und die französische Gesellschaft jener Zeit anhand ihrer ersten Verliebtheit, einer Vergewaltigung und daraus resultierender Scham. Ein Buch, das mich erschüttert und bewegt hat, das leicht zu lesen, aber schwer zu verdauen ist.
Tabak und Schokolade: Martin R. Deans autobiografischer Roman kurz zusammengefasst: ein sehr persönlicher, oft bitterer Roman über Kolonialismus, Ausgrenzung, Verdrängung und Rassismus zwischen Indien, Trinidad und dem Aargau. Ausführlicher zusammengefasst liest du meine Eindrücke hier:
Seinetwegen: Zora del Buono hat für ihren ebenfalls autobiografischen Roman den Schweizer Buchpreis 2024 gewonnen. Sie nimmt dich mit auf die Suche nach dem Mann, der für den Unfalltod ihres Vaters verantwortlich war, als sie selbst erst acht Monate alt war. Ein starkes Werk über Verlust, Verdrängung und die Kraft von Empathie. Auch dieses Buch habe ich ausführlich besprochen:
Mamba Mentality: Kobe Bryant war zweifelsohne einer der besten und einflussreichsten Basketballspieler aller Zeiten. Seine gesamte Karriere spielte er für die Los Angeles Lakers und gewann mit dem Club fünf NBA-Titel. Ich bin froh, dass ich das Buch im Sommer aufgeklappt und die verschiedenen Stationen und Lektionen, die Bryants Arbeitsethos – eben die «Mamba Mentality» – gelesen habe. Und das, obwohl ich finde, inhaltlich hätte das Buch mehr Gehalt haben können. Aber, weil die Fotos aus seiner 20-jährigen Karriere beeindruckend sind. Sie lassen mich darüber hinwegsehen, dass die Botschaft des Buchs auf die Floskel «arbeite mehr und härter als alle anderen» reduziert werden könnte.
Unterwegs: Während Roger Willemsen, bekannt als TV-Moderator, Radiojournalist, Kolumnist und Autor, schon zu Lebzeiten als einer der grossen deutschen Intellektuellen galt, so hat mich die Lektüre dieser Textauswahl nur bedingt angesprochen. Zwar sprachlich durchaus sehr gekonnt, sind mir die Geschichten an sich und Willemsens Gedankengänge insgesamt doch fremd geblieben.
kreativ. Die Kunst zu sein: Rick Rubin, einer der erfolgreichsten Musikproduzenten der vergangenen Jahrzehnte, breitet in seinem Buch seine persönlichen Erkenntnisse und Lektionen aus, dank derer er/man ein kreatives Leben führen kann. Manches Mal schweifen Rubins «Lektionen» meinem Empfinden nach in esoterische Gefilde ab. Immer wieder stosse aber auch ich auf sehr interessante Gedanken und öffne das Buch darum regelmässig, um eine Lektion zu lesen.
Ikigai: Über dieses Buch bin ich zufällig beim Stöbern in einer Buchhandlung am Flughafen gestolpert und habe es mir eher aus Verlegenheit gekauft. Doch die Einführung in dieses japanische Konzept für ein «Leben, das sich zu leben lohnt» hat mich sofort gepackt und ich habe viele Ideen daraus gezogen, die ich seither versuche in meinen Alltag zu integrieren.
Show your work: Austin Kleon ist ein US-amerikanischer Grafiker, der zum Autoren geworden ist. Bekannt wurde er durch das Buch «Steal like an artist». Nun habe ich den Nachfolger «Show your work» gelesen, in dem es darum geht, seine Arbeit als Kreativer zu präsentieren und bekannt zu machen, zum Beispiel wie produktiv Kollaborationen, Feedback oder Einblicke in den Schaffensprozess sein können.
Outliers: Auf Deutsch heisst das Buch des Wissenschaftsjournalisten Malcolm Gladwell «Überflieger». Darin befasst sich Gladwell mit Menschen, die in ihrem Leben aussergewöhnlich erfolgreich waren – und warum. Er trägt darin den Mythos vom «American Dream», von der Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Erzählung, zu Grabe und zeigt, warum die erfolgreichsten Menschen vor allem Profiteure glücklicher Umstände waren. Wobei deren Leistung und was sie aus diesen Umständen gemacht haben, sehr wohl überdurchschnittliche Leistungen erfordert hat. Eine unterhaltsame und erhellende Lektüre.
21 Lektionen fürs 21. Jahrhundert: Ein Blick in die Vergangenheit, ein Blick auf die Gegenwart und ein Blick in die Zukunft. Das sind Yuval Noah Hararis Bücher «Eine kurze Geschichte der Menschheit», «21 Lektionen fürs 21. Jahrhundert» und «Homo Deus». Den Blick auf die Gegenwart habe ich nun gelesen. Der israelische Historiker zeigt sich darin eher verhalten pessimistisch, was unseren Umgang mit künstlicher Intelligenz, der Klimakrise und Massenvernichtungswaffen angeht. Eine interessante Lektüre, auch wenn ich mit Hararis Prognosen nicht immer einverstanden bin.
Der Ernährungskompass: Dem Wissenschaftsjournalist Bas Kast ist mit dem «Ernährungskompass» ein ziemlich grosser und sehr erfolgreicher Wurf gelungen. Eine Übersicht über, so sagt er zumindest, alle zum Zeitpunkt der Recherche verfügbaren Studien zum Thema Ernährung. Die Meta-Meta-Analyse des aktuellen Stands der Forschung also. Mehrere Auflagen mit jeweils aktualisierten Daten sind seit der Erstpublikation 2018 erschienen. Ich habe nach der Lektüre einige Erkenntnisse aus dem Buch auf meine Ernährungsweise übertragen und bin bis heute sehr glücklich damit.
A Little History Of Art: Ich liebe Kunstmuseen, habe aber keine wirkliche Ahnung, weder von Kunst noch von Kunstgeschichte. Bis jetzt. Denn das Buch «A Little History Of Art» von Charlotte Mullins schafft Abhilfe. Von den ältesten, bisher bekannten Höhlenmalereien bis zur zeitgenössischen Kunst gibt Mullins eine knappe, prägnante Übersicht über die Entwicklung der bildenden Kunst in der Menschheitsgeschichte. Besonders gefällt mir, dass sie keine rein eurozentristische Perspektive einnimmt, sondern das Kunstschaffen in Asien, Afrika und Amerika genauso thematisiert und auch explizit Frauen in der Kunst ins Zentrum rückt.
Nach einem Jahr ausschliesslich mit nicht-fiktionaler Lektüre kann ich sagen: Ich habe Inspiration gefunden und Lektionen gelernt. Über Trauer und Vergebung von Zora del Buono, über Kreativität von Rick Rubin und Austin Keon, über Arbeitsethos und Disziplin von Kobe Bryant und David Goggins. So unterschiedlich diese Personen und ihre Geschichten und so unterschiedlich die Bücher von oder über sie sein mögen, so bereichernd habe ich die Lektüre, auch von jenen Autoren, zu denen ich den Zugang nicht immer gefunden habe, empfunden.
Jetzt freue ich mich auf meine Bücherliste 2025, auf der zwar erneut einige Fachbücher und biografische Werke stehen, vor allem aber ganz viel Belletristik diverser Genres.
Welche Bücher waren deine persönlichen Höhepunkte? Schreibe es in die Kommentare.
Weltenbummler, Wandersportler, Wok-Weltmeister (nicht im Eiskanal), Wortjongleur und Foto-Enthusiast.