Besser schlafen mit zugeklebtem Mund: Was bringt Mouth Taping?
Hintergrund

Besser schlafen mit zugeklebtem Mund: Was bringt Mouth Taping?

Anna Sandner
10.9.2024

Klebeband auf den Mund und schon sind alle Schlafprobleme passé? So einfach geht es leider nicht. In manchen Fällen aber kann Mouth taping durchaus zu besserem Schlaf und weniger Schnarchen verhelfen.

In den sozialen Medien sorgt mal wieder ein neuer Gesundheitstrend für Aufsehen: Mouth Taping. Prominente wie Gwyneth Paltrow und Erling Haaland machen es vor – die Fans tun es ihnen gleich. Doch was steckt wirklich hinter dem nächtlichen Mund-Zukleben? Oder anders gesagt: Warum zur Hölle sollte ich mit zugeklebtem Mund besser schlafen?

Was ist Mouth Taping?

Beim Mouth Taping wird der Mund nachts mit Pflastern oder speziell dafür konzipiertem Tape verschlossen. Die Idee dabei: Durch den zugeklebten Mund stellst du zwangsläufig auf Nasenatmung um. In der Praxis wird ein etwa 4 cm langes Stück hypoallergenes Klebeband verwendet, das zwischen Nase und Oberlippe platziert wird und sowohl die Ober- als auch die Unterlippe bedeckt. Die Verfechterinnen und Verfechter des Schlaf-Trends versprechen sich davon zahlreiche positive Effekte: von besserem Schlaf ohne zu schnarchen über mehr Energie bis hin zu weniger Mundgeruch und sogar einem verlangsamten Alterungsprozess.

Die Vorteile der Nasenatmung: Warum Menschen zu Mouth Taping greifen

Die Nasenatmung hat tatsächlich einige Vorteile gegenüber der Mundatmung. Atmest du durch die Nase, wird die Luft auf dem Weg in die Lungen angefeuchtet, erwärmt und gefiltert. Dadurch verringerst du das Risiko von Atemwegserkrankungen. Außerdem werden die Atemmuskeln bei der Nasenatmung gegenüber dem Atmen durch den Mund stärker trainiert. Atmest du ohnehin im Schlaf durch die Nase, ist das Tape auf dem Mund für dich überflüssig.

So ändert sich der Weg und die Menge der Atemluft im Vergleich von Mundatmung (A) zu Nasenatmung (B)
So ändert sich der Weg und die Menge der Atemluft im Vergleich von Mundatmung (A) zu Nasenatmung (B)
Quelle: doi: 10.3390/healthcare10091755

Für Menschen mit leichter obstruktiver Schlafapnoe (OSA), also Atemaussetzern im Schlaf, könnte die Nasenatmung von Vorteil sein. Studien zeigen, dass die Mundatmung während des Schlafs den Rachenraum verengen und somit die Schwere der OSA verschlimmern kann. In diesen Fällen könnte das Zukleben des Mundes eine einfache Methode sein, um die Atmung während des Schlafs zu verbessern und so auch die Symptome, wie etwa das Schnarchen, zu lindern.

Wissenschaftliche Erkenntnisse: Das sagt die Forschung zum Mouth Taping

Bisher gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zum Mouth Taping. Eine kleine Studie aus dem Jahr 2022 mit 20 Teilnehmenden, die an OSA litten, zeigte jedoch vielversprechende Ergebnisse. Bei 65 Prozent der Probanden verbesserten sich die Symptome deutlich. Die Autoren und Autorinnen dieser Studie kamen zu dem Schluss: «Mouth-taping during sleep improved snoring and the severity of sleep apnea in mouthbreathers.»

Die Ergebnisse legen nahe, dass Mouth Taping eine vielversprechende Methode sein könnte, um die Symptome bei Menschen mit leichter Schlafapnoe zu verbessern, bevor auf invasive Therapien zurückgegriffen wird. Um die Methode tatsächlich wissenschaftlich zu bewerten, bedarf es aber weiterer, umfangreicher Studien.

Risiken und Nebenwirkungen: Ist Mouth Taping gefährlich?

Obwohl die Erstickungsgefahr durch den natürlichen Schutzreflex des Körpers gering ist, raten Fachpersonen von Experimenten auf eigene Faust ab. Besonders Menschen mit Problemen bei der Nasenatmung, etwa durch eine krumme Nasenscheidewand oder Allergien, sollten vorsichtig sein. Du solltest beachten: Mouth Taping ist keine Lösung für schwere Formen der Schlafapnoe und kann keinesfalls eine ärztliche Diagnose und Behandlung ersetzen. Die Anwendung sollte immer in Absprache mit einem Facharzt oder einer Fachärztin erfolgen, um mögliche Risiken zu minimieren.

Alternativen zum Mouth Taping: Atemübungen statt Pflaster auf dem Mund

Statt zum Klebeband zu greifen, empfehlen Fachleute einfache Atemübungen, die ebenfalls die Nasenatmung fördern und die Atemmuskulatur stärken können:

Bewusstes Durch-die-Nase-Atmen üben: Diese Technik kannst du jederzeit und überall anwenden und hilft, die Nasenatmung zu optimieren.

Länger aus- als einatmen: Eine längere Ausatmung kann das vegetative Nervensystem beruhigen und zu mehr Entspannung führen.

Bauchatmung trainieren: Durch das bewusste Atmen in den Bauch erweiterst du dein Atemvolumen. Dadurch werden bestimmte Bereiche der Lunge besser belüftet.

Fazit: Mouth Taping – ein Trend mit Vor- und Nachteilen

Mouth Taping mag zwar ein trendiges Thema in den sozialen Medien sein, der wissenschaftliche Forschungsstand dazu ist aber noch sehr mager. Der Hauptnutzen von dem Tape auf dem Mund ist die Umstellung auf Nasenatmung. Wenn du ohnehin durch die Nase atmest, kannst du getrost darauf verzichten. Wer unter OSA leidet, kann möglicherweise vom Mouth Taping profitieren, sollte dies aber immer in Absprache mit einer HNO-Ärztin oder einem HNO-Arzt anwenden. In diesen Fällen kann der zugeklebte Mund auch durchaus gegen das Schnarchen helfen.

Titelbild: megaflopp/Shutterstock

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.


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