Elite Suito-T
Auf dem Rollentrainer durch die virtuelle Fahrradwelt
Biken war gestern, gestresste Homeofficer zwiften neuerdings auch. Eine kurze Rundfahrt durch die virtuelle Welt der Online-Gümmeler.
Ich wollte doch nur ein bisschen Velofahren. Weil Knie kaputt vom Joggen und gestresst vom vielen Drinnensitzen und überhaupt. Darum hatte ich mir im Februar eines der letzten verfügbaren Gravelbikes unter den Nagel gerissen und radelte seither regelmässig durch die Pampa. Soweit, so gut. Der Dichtestress in den Naherholungsgebieten unserer Städte mit Bikern, Wanderern, Hündelern und Schulklassen auf Tagesausflügen, die alle auf denselben Wegen unterwegs sind, ist jedoch eine Herausforderung.
Nun bin ich auf Zwift gestossen und auf der Online-Plattform für virtuelles Lauf- und Radtraining hängengeblieben. Wie rund zwei Millionen weitere Nutzer weltweit auch. Ich radle neuerdings wortwörtlich auf der Stelle.
Das kam so.
Mal scheint bei 25 Grad die Sonne, mal schneit es knapp über Null. Irgendwie macht der April doch immer was er will. Okay, fertig mit platten Bauernregeln. Das Wetter ist aber nicht ganz unschuldig, dass ich mir neben dem Revolt 0 von Giant auch einen Rollentrainer für zuhause zugelegt habe.
Elite Suito-T
Rollentrainer. Der Name sagt es: Mit dem Fahrrad auf einer Rolle trainieren. Wobei die Bezeichnung Rollentrainer hier verwirrend ist, denn beim Suito-T handelt sich um einen sogenannten Direct-Drive-Trainer. Bei diesen Rollentrainern mit Direktantrieb wird das Hinterrad abmontiert und die Kette direkt auf die am Rollentrainer installierte Kassette gespannt. Diese Technik eliminiert den Schlupf des Reifens bei jeder beliebigen Geschwindigkeit und Leistung. Damit ist das Abweichen der Geschwindigkeiten miteinander in Reibkontakt stehender mechanischer Elemente oder Fluide gemeint. Oder einfach: Das Durchdrehen der Räder wird verhindert. Das ist genauer und das Fahrgefühl realistischer. Viele Hersteller tummeln sich mit unterschiedlichen Technologien im Markt und die Preise reichen von supergünstig bis superteuer. Ich rolle preislich mit dem Suito-T von Elite irgendwo in der Mitte durch digitale Welten.
Allerdings kommt der Rollentrainer Suito in der T-Variante ohne Kassette. Ansonsten sind Suito und Suito-T zwei identische Trainermodelle mit den gleichen technischen Eigenschaften. Das Besondere an dieser Rolle ist die stabile Stahlkonstruktion. Sie steht mit den beiden ausklappbaren, bereits vormontierten Beinen bombenfest. Durch das schlanke Profil kannst du die Rolle problemlos transportieren und sie nimmt wenig Platz in Anspruch. Suito-T ist mit unterschiedlichen auf dem Markt erhältlichen Fahrrad-Modellen und Kassetten kompatibel. Ich brauche also noch eine Kassette und ein wenig Werkzeug. Die Kassette ist damit im Nu montiert, das Hinterrad muss ich ausbauen, die Kette kommt auf die Kassette. Fertig. Geht rassig und recht einfach.
Dieser Rollentrainer gehört zur Familie der interaktiven Heimtrainer, die sich via ANT+ und Bluetooth über iOS, Android, MacOS und Windows mit allen Apps, Programmen, Computern und anderen elektronischen Endgeräten (Smartphone und Tablet) verbinden lassen. Du wählst deine bevorzugte Applikation und die Route oder das Trainingsprogramm aus. Suito-T passt den elektromagnetisch gesteuerten Widerstand automatisch bis rund 1900 Watt an und ist in der Lage, Steigungen von bis zu 15 Prozent mit einer Genauigkeit von ± 2,5 Prozent zu simulieren. Und die Lautstärke? Eigentlich müsste ich in diesem Zusammenhang von Leisestärke schreiben. Ausser einem leichten Surren ist nichts zu hören. Ich war auch schon abends nach 22 Uhr problemlos auf der Rolle.
Zum Suito-T bekommst du ein kostenloses Zwift-Abonnement für einen Monat und die Software My E-Training für zwölf Monate. Die habe ich noch nicht ausprobiert. Neben Zwift und My E-Training kann der Rollentrainer aber auch mit allen anderen Plattformen für Indoor-Cycling verbunden werden, wie TrainerRoad, Kinomap, Rouvy, Bkool, Bikevo und anderen.
Zwift: Strampeln für virtuelle Kilometer
Ich bin nun also in einer virtuellen Welt unterwegs, die mich mit ihrem Design stark an The Sims erinnert. Und weil sich der April unterdessen kurzfristig von seiner winterlichen Seite zeigt, verlege ich mein Rollentraining vom Garten ins Schlafzimmer.
Ausserdem habe ich mein Bike umgesrüstet. Anstelle der Giant-Standard-Pedale habe ich mir ein Kombi-Pedal von Shimano geholt. Es lässt sich mit meinen Shimano-Schuhen als Flatpedal nutzen oder mit den entsprechenden Schuhen, zum Beispiel von Giro, als Klickpedal fahren. Das Ein- und Ausklicken muss ich jedoch noch üben. Auch dafür eignet sich übrigens ein Rollentrainer.
Ein US-Triathlet hat Zwift entwickelt und 2012 öffentlich vorgestellt. Seither ist die Plattform mit über zwei Millionen Usern zur grössten ihrer Art geworden. Nachdem du die App installiert und ein Konto angelegt hast, kannst du im Prinzip auch schon losfahren oder loslaufen. Eine detailierte Beschreibung dazu findest du hier. Der Spass kostet nach Ablauf der Gratis-Probe-Abos € 14.99 pro Monat.
Auf Zwift fährst du in Welten, deren Strecken realen Schauplätzen nachempfunden sind. Zum Beispiel durch Paris, angelehnt an die traditionelle Schlussetappe der Tour de France, über die Champs-Élysées oder durch Richmond im US-Bundesstaat Virginia, angelehnt an Teilstrecken der UCI-Strassen-Weltmeisterschaft von 2015.
Die Community
Die Zwift-Community besteht aus Anfängern wie mir, ambitionierten Amateuren und Profis wie TdF-Sieger Chris Froome. Auf der Plattform findest du unzählige How-To-Videos, technische Anleitungen zur Einrichtung deines Rollentrainers oder Laufbands, Trainingsanleitungen und vieles mehr. Es ist ein Universum für sich. Hier ziemlich werberisch auf den Punkt gebracht:
Das Beste aus zwei Welten
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe ist? In meinem Fall der Garten bei Sonnenschein, das Schlafzimmer bei Schmuddelwetter. Mit Zwift und dem Suito-T von Elite kann ich mich voll auskotzen und dabei die Gedanken schweifen lassen. Wenn ich draussen mit meinem Gravelbike unterwegs bin, ist die Hand stets an der Bremse und ich hoch konzentriert. Im geschützten Rahmen ein strukturiertes Trainingsprogramm zu fahren, ohne auf andere Verkehrsteilnehmer*innen achten zu müssen, ist ein schöne Abwechslung dazu, die ich schon nach kurzer Zeit nicht mehr missen möchte.
Heute fahre ich den Rundkurs in Richmond und lege dabei 27,2 Kilometer zurück. Dafür benötige ich exakt 1h 2m 52s, bewältige in dieser Zeit 154 Höhenmeter und verbrenne 446 Kilokalorien.
Zwift liefert noch einiges mehr an Daten. Zum Beispiel:
- Leistung: max. 614 w / Ø 123 w
- Tempo: max. 62,7 km/h / Ø 26 km/h
- Herzfrequenz: max. 169 bpm / Ø 128 bpm (wenn kompatibler Pulsgurt gekoppelt)
- Trittfrequenz: max. 96 rpm / Ø 50 rpm
Ich bin Teil einer weltweiten Community und sehe, wer ausser mir gerade auf dieser Strecke ist. Aktuell sind das rund 1200 Menschen. Zwischendurch gibt's von anderen Fahrerinnen oder Fahrern einen Daumen nach oben. Bei Zwift heisst das «Ride On». Unterwegs sind immer wieder Segmente eingebaut, auf denen du deine persönliche Bestzeit mit der Community vergleichen kannst. Sei es auf kurzen Sprints oder längeren Bergpassagen. Diese Challenges machen Spass, bringen mich an meine Leistungsgrenze und gehörig ins Schwitzen.
Apropos: egal ob Grundlagenausdauer, Intervall oder eine Stunde Maximalbelastung. Das Handtuch darf auf keiner virtuellen Fahrt fehlen. Denn der Schweiss ist real, ebenso wie das gute Gefühl nach getaner Arbeit.
Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.